1. Wann besteht eine Steuerpflicht für meine Mitarbeiter in Norwegen?
Nach nationalem Recht wird für Vermögen und Einkommen eine unbegrenzte Steuerpflicht in Norwegen begründet, wenn man dort als ansässig anzusehen ist (norwegisches Besteuerungsgesetz, skatteloven §2-1 Absätze 1 bis 6).
Ausländische Arbeitnehmer begründen allerdings auch eine begrenzte Steuerpflicht in Norwegen, wenn sie dort für ihren (ebenfalls ausländischen) Arbeitgeber Arbeiten verrichten und Vergütungen hierfür aus Quellen ihres Arbeitgebers beziehen (skatteloven §2-3 Absatz 1 lit. d).
Um zu vermeiden, dass entsandte Mitarbeiter doppelt besteuert werden, hat Norwegen mit einer Reihe von Staaten sog. Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Diese begrenzen die Steuerpflicht der Mitarbeiter in Norwegen.
Beispielsweise legt Artikel 15 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Norwegen und Deutschland (DBA) fest, dass das Besteuerungsrecht Norwegen nur dann zukommt, wenn
- a) sich die Person mehr als 183 Tage in zwölf Monaten (nicht Kalenderjahr) in Norwegen aufgehalten hat,
- b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber getragen werden, der in dem Staat ansässig ist, in dem der Empfänger ansässig ist,
- c) die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer anderen festen Betriebseinrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in Norwegen hat.
Liegen oben genannte Voraussetzungen vor, bleibt der in Deutschland ansässige Mitarbeiter in Deutschland steuerpflichtig und muss in Norwegen keine Steuern entrichten.
2. Warum müssen meine Mitarbeiter unabhängig von ihrer Steuerpflicht eine Einkommensteuererklärung in Norwegen abgeben?
Nach §8-2 Absatz 1 norwegisches Steuerverwaltungsgesetz (skatteforvaltningsloven) sind alle in Norwegen Steuerpflichtigen verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben.
„Wunderbar“ denken die meisten nach dieser Aussage. „Meine Mitarbeiter sind ja nicht steuerpflichtig in Norwegen.“ Dieser Gedanke ist auch grundsätzlich richtig. Allerdings muss man bezüglich Steuerpflicht und Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung zwei Ebenen unterscheiden.
Während die Steuerpflicht durch das DBA geregelt und begrenzt ist, ist die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung nur durch nationales Recht geregelt. Das DBA ist dem nationalen Recht nur soweit übergeordnet, solange hierin Regelungen zu den einzelnen Pflichten bestehen. Sind im DBA keine Regelungen vorhanden, greift das nationale Recht, wonach eine Abgabepflicht besteht.
3. Was beinhaltet die norwegische Einkommensteuererklärung?
Für jeden Mitarbeiter wird zu dessen Steuerpflicht nach DBA in Norwegen Stellung genommen. So wird verhindert, dass der nicht steuerpflichtige Arbeitnehmer fälschlicherweise als in Norwegen steuerpflichtig veranlagt wird.
Bei in Norwegen steuerpflichtigen Arbeitnehmern werden in der Einkommensteuererklärung unter Berücksichtigung der zuvor abgegebenen A-Meldungen der steuerpflichtige sowie der nicht steuerpflichtige Teil des Einkommens dargelegt und eventuell bestehende Steuerabzüge geltend gemacht.
4. Was ist der Unterschied zwischen Lohnsteuereinbehalt und Lohnsteuerpflicht?
Hier lautet die Gegenfrage: Wer ist Adressat der beiden Pflichten?
Während der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer ist, ist Adressat der Pflicht zur Vornahme des Lohnsteuereinbehalts der Arbeitgeber.
Grundsätzlich gilt in Norwegen, dass Arbeitgeber für ihre hier tätigen Mitarbeiter Steuern abführen müssen, so lange keine Befreiung von der Pflicht zum Lohnsteuereinbehalt vorliegt.
Einem Befreiungsantrag wird in der Regel nur stattgegeben, sofern glaubhaft dargelegt werden kann, dass die Mitarbeiter, die in Norwegen arbeiten, nicht in Norwegen steuerpflichtig werden.
Sollte nun dem Befreiungsantrag nicht stattgegeben werden oder kein Antrag gestellt werden, müssen die Lohnsteuern in Norwegen laufend einbehalten und abgeführt werden. Die letztendliche Feststellung der Steuerpflicht erfolgt im Rahmen der Veranlagung im Folgejahr mit dem ergehenden Steuerbescheid.
5. Ich habe als Arbeitgeber Lohnsteuern für meine nicht steuerpflichtigen Arbeitnehmer in Norwegen einbehalten und abgeführt. Wie erhalte ich diese zurück?
Eine Auszahlung direkt an den Arbeitgeber ist nach dem unter 4. Gesagten nur möglich, wenn der Arbeitnehmer als Steuerschuldner diese direkt in Auftrag gibt.
Das heißt, dass die Arbeitnehmer zunächst eine Vollmacht zur Zahlung an ihren Arbeitgeber ausstellen und an die norwegische Vollstreckungs-
behörde übersenden müssen. Bezüglich der Ausformulierung der Vollmacht stellt die Behörde inhaltliche Anforderungen, über die wir Sie gerne auf Anfrage informieren.
Gleichzeitig muss der Arbeitgeber selber ein Formular zur Registrierung eines Firmenkontos an die Behörde senden, wenn bislang kein Konto in Norwegen hinterlegt war. Außerdem muss die Bank des Arbeitgebers bestätigen, dass es sich um das Konto des Unternehmens handelt.
Sobald all dies vorliegt, kann direkt an den Arbeitgeber ausbezahlt werden.
6. Wann und wie ist die Steuererklärung abzugeben und wann ergeht der Steuerbescheid?
Die individuell erstellten und unterschriebenen Einkommenssteuererklärungen (englisch: „tax returns“, norwegisch: „skattemelding“ – Achtung: Nicht verwechseln mit automatisch generierten Steuererklärungen, siehe Punkt 7) – sind jeweils bis spätestens 30. April des Folgejahres im Original zu versenden. Wir empfehlen die unterschriebenen Dokumente vorab per E-Mail an die norwegische Behörde für ausländische Steuerangelegenheiten zu übersenden.
Die Steuerbescheide (englisch: „tax assessment notices“, norwegisch „skatteoppgjør“) werden von den Behörden für gewöhnlich im Zeitraum Juni bis Oktober direkt an die Mitarbeiter versendet. Es ist daher äußerst wichtig, den Steuerbehörden Adressänderungen mitzuteilen.
7. Was ist der Tax Return, der dem Mitarbeiter durch die Steuerbehörde zugesandt wird?
Bei den sogenannten „tax returns“ handelt es sich um automatisch von den Behörden generierte Steuererklärungen, die auf den Einzelfall keine Rücksicht nehmen. Diese sind daher auf keinen Fall auszufüllen, sondern direkt an Ihren Ansprechpartner weiterzuleiten.
8. Was passiert, wenn die Steuererklärung nicht oder nicht fristgerecht eingereicht wird?
Wird die Steuererklärung nicht oder nicht fristgerecht eingereicht, nimmt die Behörde auf Grundlage der ihr vorliegenden Daten nach nationalem Recht eine steuerrechtliche Würdigung vor. Das heißt, dass der unter 7. genannte vorausgefüllte „Tax Return“ zumeist von einer Steuerpflicht ausgeht. In Norwegen gilt das sogenannte Prinzip der Selbstveranlagung. Hiernach muss der Steuerzahler selbst seine Steuergrundlage festlegen. Hierunter fällt auch die Frage der Steuerpflicht. Stellt der Arbeitnehmer mithilfe der Steuererklärung nicht klar, dass er nicht in Norwegen steuerpflichtig ist, wird er höchstwahrscheinlich fälschlich als steuerpflichtig veranlagt.
9. Warum erhalten meine Mitarbeiter weiterhin Zahlungsaufforderungen, obwohl Einspruch gegen den falschen Steuerbescheid erhoben wurde?
In Norwegen gibt es keine aufschiebende Wirkung, das heißt auch wenn Einspruch eingelegt wird, müssen die angeblichen Reststeuern grundsätzlich zunächst gezahlt werden. Sobald dem Einspruch stattgegeben wird, erfolgt die Rückerstattung. Werden die Zahlungsaufforderungen nicht beglichen, erhalten die Mitarbeiter laufend neue Aufforderungen bis der Fall erledigt ist.
10. Mein Arbeitnehmer hat im Vorjahr nicht in Norwegen gearbeitet, aber dennoch einen Tax Return erhalten. Warum?
Die Mitarbeiter werden erst zwei Jahre nach Abschluss eines Arbeitsauftrages in Norwegen automatisch aus dem Behördenregister gelöscht. Es besteht jedoch die Möglichkeit, eine vorzeitige Löschung zu beantragen.
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