Europapolitische Positionen der IHK-Organisation 2019
2019 werden mit dem Brexit und den Wahlen zum Europäischen Parlament neue Weichen für unsere Zukunft gestellt. Die Europäische Union (EU) ist besonders gefordert, die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit zu liefern. Dabei macht es der Handelskonflikt der USA mit der EU und mit China vielleicht deutlicher als je zuvor: Im neuen globalen Spiel der Kräfte wird kein einzelnes europäisches Land für sich eine große Rolle spielen. Nur gemeinsam als EU können wir auf Augenhöhe agieren
und weiterhin weltweite Standards setzen und definieren. Der Binnenmarkt als derzeit größter Wirtschaftsraum der Welt ist Voraussetzung dafür, dass wir bei internationalen Wirtschaftsthemen eine prägende Rolle spielen. Ich halte ein auf einem starken Binnenmarkt basierendes, mutiges und geschlossenes Auftreten der EU zur Stärkung unserer Wirtschaft für unabdingbar.
Bei den im Mai anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament gewinnen Prognosen zufolge politische Kräfte an Zustimmung, die die Mehrheitsfindung im Europäischen Parlament erschweren dürften. Hand in Hand gehen damit aktuell weltweit aufkommende protektionistische Tendenzen sowie der Brexit. Statt Märkte
zu
integrieren und neue
Potenziale zu schaffen und
zu heben, leiten diese
Entwicklungen in die falsche Richtung. Es lohnt daher
darauf hinzuweisen, wie
wichtig der Binnenmarkt mit seinen offenen
Grenzen für unsere Unternehmen
ist. Zu den Errungenschaften gehört die tägliche
Mobilität von Gütern, Dienstleistungen, Menschen und Kapital
innerhalb Europas. Errungenschaften,
die keine Selbstverständlichkeit darstellen! Ich sage daher: Bei aller gebotenen Flexibilität in Verhandlungen, die vier Grundfreiheiten sind auch aus Sicht der Wirtschaft nicht verhandelbar.
Mit unseren Europapolitischen Positionen 2019 zeigen wir Reformbereiche für die EU auf. Die 79 Industrie- und Handelskammern und ihre Mitgliedsunternehmen aus allen Teilen Deutschlands haben bei deren Erstellung mitgewirkt. Die Prioritäten für die nächsten Jahre sind klar: Im Binnenmarkt sind einheitliche Standards sowie bürokratische Erleichterungen bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten der Schlüssel zu einer noch besseren Performance europäischer Unternehmen – auch im globalen Wettbewerb. Geeignete digitale Rahmenbedingungen und hochleistungsfähige Breitbandnetze brauchen die Unter- nehmen, um innovative Produkte und Dienstleistungen im Zeitalter der Digitalisierung anzubieten. Genauso sollte der Abbau von Handelshemmnissen zwischen der EU und Drittstaaten hohe Priorität auf der europäischen Agenda behalten.
Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um in der EU durch die noch nicht überwundenen Folgen der Euroschuldenkrise sowie den Zustrom an Menschen aus ärmeren Regionen der Welt entstandene Fliehkräfte gemeinsam zu überwinden. Wenn die EU diese Aufgaben entschlossen und geeint angeht, kann sie Impulsgeber in ihrer Nachbarschaft und der Welt sein.
Und dann muss uns für die Zukunft nicht bange sein.
Dr. Eric Schweitzer