Norwegische Startups auf Erfolgskurs

Norwegen war jahrelang der Außenseiter in der skandinavischen Startup-Szene. Wo es vor ein paar Jahren nur eine Handvoll nennenswerter Gründer gab, boomen heute neue Unternehmensideen und häufen sich die Erfolgsgeschichten auch im internationalen Kontext. Hier stellen wir vier vielversprechende Startups vor, deren Weg es sich lohnt, weiterzuverfolgen.

Kahoot – die Quiz-Show fürs Handy

Mit der 2012 entwickelten Plattform Kahoot haben die Gründer Johan Brand, Jamie Brooker und Morten Versvik die Welt im Sturm erobert und das Lernen revolutioniert. Seit dem Start in 2012 ist die Nutzerzahl stark angestiegen und im Jahr 2017 hatte Kahoot monatlich mehr als 70 Millionen Nutzer. Schüler, Auszubildende, Studenten und Unternehmen in über 180 Ländern können täglichen von der spielebasierten Lernplattform, mit mehreren Millionen Spielvorlagen, profitieren. „Es ist ein einfaches Game Show-Format“, so Brand. Die Fragen können um Videos, Bilder und Diagramme ergänzt werden. Brand fügt hinzu: „Wir nutzen auch Musik, Countdowns und Punkte als emotionale Trigger“. So bleibe das Quiz abwechslungsreich und motivierend.

Besonders in den USA hat sich das Tool zu einer Art „popkulturellem Phänomen“ entwickelt und zwar so stark, dass im Jahr 2017 47 Prozent der Lehrer in den USA Kohoot verwendeten. Lehrer werden zu Quizmastern, die mithilfe von Kahoot Multiple-Choice-Fragen auf eine Wand projizieren. Die Schüler antworten innerhalb von 30 Sekunden mit ihren Smartphones und sammeln so Punkte; die Top 5 werden auf dem Bildschirm eingeblendet. Das Programm ist weltweit führend im Bereich sozialen und interaktiven Lernens. Darauf ist auch das Silicon Valley aufmerksam geworden. Im Herbst 2016 konnte Kahoot Microsoft als Investor gewinnen und erhielt 80 Millionen Kronen. Trotzdem blieb das Startup in Norwegen, vorwiegend um verschiedene Konzepte zu testen. Ein Jahr später erhielt Kahoot erneut 80 Millionen Kronen in einer neuen Investitionsrunde. Die Investitionssumme geht unter anderem in die Erweiterung des Marketingteams.

No isolation – der Roboter gegen Einsamkeit

No Isolation – der Name des Startups ist Programm. Kinder, die von einer schweren Krankheit betroffen sind, müssen oft ihr Leben entweder zu Hause oder im Krankenhaus verbringen. Es wird schwierig, sich an Freizeitaktivitäten, Geburtstagen und der Schule zu beteiligen. „Die, die nicht anwesend sind, werden zu denen, über die man spricht. Aber nicht, mit denen man spricht“, sagt CEO Karen Dolva. Ein neuer Roboter soll das nun ändern. Das erste Modell Avatar (AV1) ist speziell für langzeitkranke Kinder und Jugendliche entwickelt, die weiterhin am Schulalltag teilhaben möchten. Die Funktionsweise ist einfach: Der kleine weiße Technikkamerad ermöglicht Schülern, im Klassenzimmer dabei zu sein, ohne tatsächlich vor Ort zu sein. Er kann sehen, hören und sprechen. Somit können sie weiter dem Unterricht folgen und den Kontakt mit den Klassenkameraden aufrechterhalten.

Der Roboter ist inspiriert von Eve aus dem Disney-Film „Wall-E“ und soll noch weiter personalisiert werden. Er ist mit zwei Motoren, Batterien und eingebauten 4G ausgestattet und kann überall mit hingenommen werden. Kamera, Lautsprecher und Mikrofon ermöglichen die Kommunikation mit Freunden und Familie. Alles wird über eine App von einem Telefon oder Tablet-PC gesteuert. 25 Kinder haben den Roboter über den Sommer getestet. Das Potential des Herzensprojekts von Dolva hat auch Telia erkannt und seine Zusammenarbeit mit dem Startup angekündigt. Die Gelder vom Handypfand werden zur Finanzierung der Roboter für einkommensschwache Familien verwendet. „Das wichtigste ist, dass sich niemand vergessen fühlt“, so Dolva.

In 2017 wurde „Komp“ auf den Markt gebracht – ein Computer, der speziell für ältere Menschen entwickelt wurde. Dieser hat nur einen großen Knopf und einen Touchbildschirm, mit hohem Kontrast und großem Text. „Komp“ soll es für Ältere einfacher machen Kontakte mit Freunden und Familie zu halten.

No Isolation ist nun nominiert für The Munich Summit (MUST) 2018. MUST ist eine Messe, welche vielversprechende Start-ups mit Entscheidungsträgern der Industrie zusammenbringt.

NABOBIL – die Autovermietung von Nebenan

Würden Sie Ihrem Nachbarn Ihr Auto anvertrauen? 100.000 Nutzer in Norwegen haben damit scheinbar kein Problem und sich auf der 2015 gelaunchten Carsharing-Plattform Nabobil registriert. Nach einem Jahr auf dem norwegischen Markt zieht das Gründerteam Bilanz: Mehr als 5.500 verschiedene Fahrzeuge stehen online zur Verfügung; 45.000 Vermietungen wurden getätigt. „Ziel ist es, in großen Städten wie Oslo zukünftig ohne eigenes Auto auszukommen und den Zweitwagen in Kleinstädten gerne wegzulassen“, erklärt Geschäftsführer Even Heggernes. Die Auswahl ist groß und der Preis mit rund 170 Kronen/Tag und 50 Kronen/Stunde relativ gering. Das Geschäftsmodell im Stile von Airbnb erweist sich als Erfolg und eines der führenden Beispiele für die Share Economy.

Heggernes weiß aber auch: „Man muss Vertrauen haben, dass die Versicherungen eventuelle Schäden deckt, dass man ein passendes Auto findet, wenn man es braucht und dass die Technik einwandfrei funktioniert.“ Deshalb hat Nobobil einige Regeln aufgestellt: Das Auto darf maximal 15 Jahre und der Fahrer mindestens 23 Jahre alt sein, davon drei Jahre im Besitz eines Führerscheins. Mieter und Vermieter treffen sich persönlich zur Übergabe, während Nabobil prüft, ob der Fahrer einen gültigen Führerschein hat und die Anforderungen erfüllt. 80 Prozent des Gewinns gehen an den Fahrzeugeigentümer. Am Ende steht die gegenseitige Bewertung und der leise Verdacht, dass sich diese Idee zu Norwegens größter Autovermietung entwickelt kann.

STAAKER (200) – die Drohne für den Rucksack

Wer Fahrradausflüge, Wandertouren oder seine Stunts auf der Skipiste gerne auf Video dokumentieren will, findet in der Drohne „Staaker“ den perfekten Begleiter. Die smarte, fliegende Kamera folgt ihrem Besitzer auf Schritt und Tritt mit bis zu 80 kmh. Die beeindruckende Technik wurde in Norwegen entwickelt und von Spitzbergen bis nach Hawaii getestet – unter anderem vom norwegischen Langlaufnationalteam.

Das Tech-Startup wurde 2013 von Ole Jørgen Seeland initiiert, der an der NTNU in Trondheim studiert hat und dort auch seine Mitstreiter für das kostspielige Gründerprojekt fand. Drei Jahre, 50 Prototypen sowie Investments und Fördermittel in Höhe von neun Millionen Kronen später hatten sie eine Drohne entwickelt, die von künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Ein Tracker wird am Handgelenk befestigt und verbindet sich automatisch mit der Drohne, die wie ein Kameramann arbeitet. Staaker verfügt über verschiedene Flugmodi, die den Akteur in Szene setzen: Follow, Circle, Kompass, Hover, oder Scenery. Die Drohne weiß, wo man sich befindet und wohin man sich als nächstes bewegt. „Wenn man eine Drohne namens Staaker auf den Markt bringt, wundert man sich vielleicht, wozu diese verwendet wird“, meint Seeland, „Wir spielen ein bisschen mit dem Namen, immerhin verfolgen wir und filmen dich“, so der Gründer weiter mit einem Augenzwinkern.

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