5 Tipps für Führungskräfte mit Teams im Homeoffice

Die Arbeit aus dem Homeoffice ist für viele Unternehmen spätestens seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie zum Alltag geworden. Wie können Führungskräfte auf die veränderte Situation reagieren und die Zusammenarbeit im Team erfolgreich gestalten? Ulrike Haugen, Chief Communications Officer der DNV GL Group und Präsidentin der AHK Norwegen, teilt ihre persönlichen Erfahrungen – natürlich aus dem Homeoffice.

Digital denken

Die digitale Transformation gehört zu den wichtigsten strategischen Unternehmensthemen. Die digitale Transformation ist ein Prozess der stetigen Weiterentwicklung digitaler Technologien, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig prägen. Im Unternehmen geht es darum, vorausschauend zu planen, innovativ zu sein und zu digitalisieren, was zu digitalisieren geht. Bei DNV GL haben wir beispielsweise bei der Zertifizierung von Schiffen sogenannte Remote Surveys eingeführt, und das bereits seit einiger Zeit. Das heißt, dass unsere Besichtiger nicht mehr für jede Begutachtung in Schiffstanks steigen, sondern anhand von Bildern und Videos aus der Ferne den Zustand der Schiffe beurteilen können.

„Ich finde, dass uns die aktuelle Situation stärker macht, indem noch mehr Vertrauen gezeigt und höhere Erwartungen an die Mitarbeiter gestellt werden.“

Ulrike Haugen

Die Arbeit im Homeoffice setzt die Investition in eine gute IT-Infrastruktur und entsprechende technische Ausstattung voraus. Wenn die Voraussetzungen für digitale Arbeitsplätze gegeben sind, findet das Arbeiten aus dem Homeoffice eine breitere Akzeptanz. Teams vernetzen sich über große räumliche Distanzen hinweg, arbeiten zeitgleich an denselben Dokumenten in der Cloud oder konferieren in Video-Chats. Hierbei ist es jedoch wichtig, klar zu kommunizieren, welche IT-Richtlinien zu befolgen sind, um das Risiko von Cyber-Attacken zu minimieren. Was wir nicht brauchen, ist ein Coronavirus und dazu noch einen Computervirus.

Routinen etablieren

Als Mitglied der Konzernleitung eines internationalen Unternehmens mit Standorten in über 100 Ländern bin ich daran gewöhnt, interne und externe Meetings, ja sogar Vorstandssitzungen, über digitale Plattformen wie Skype oder Microsoft Teams zu führen. Ich kann daher empfehlen, schnellstmöglich eine digitale Meeting-Kultur mit regelmäßigen Video Calls zu etablieren. Beispiele sind Montagsmeetings mit seinen Mitarbeitern, wöchentliche Briefings mit Führungskräften anderer Abteilungen und Standorte sowie der regelmäßige Austausch mit dem CEO.

Ich denke übrigens, dass wir langfristig von den aufgebauten Routinen profitieren und nach der Krise eine gute Balance zwischen Büroalltag und Homeoffice finden werden. Vielleicht verringert sich sogar unsere Reiseaktivität? Wir werden jedenfalls überdenken, ob eine Geschäftsreise notwendig ist oder nicht. Seit Beginn der Krise steigt die Anzahl von Verträgen, die über digitale Plattformen verhandelt und abgeschlossen werden. Meine Kollegen in China haben gerade davon berichtet, dass sie auch ganz neue Kundebeziehungen über digitale Kanäle aufgebaut haben und sogar einen wichtigen Vertrag ganz ohne persönliche Begegnung abgeschlossen haben. Das war zuvor eher ungewöhnlich in unserer Branche.

Teamspirit aufrechterhalten

In diesen Zeiten ist es eine wichtige Aufgabe, sein Team weiter zu motivieren. Ich bin beeindruckt, wie schnell sich meine Mitarbeiter umgestellt haben. Während das Homeoffice vorher eher eine Alternative war, um in Ruhe an einem Projekt zu arbeiten, geht es nun auch um das Kollegiale. Ich finde, dass man auch einen guten sozialen Zusammenhalt haben kann, wenn man sich eine Weile lang nicht sieht. Trotzdem freue ich mich darauf, das Team hoffentlich bald wieder analog sehen zu dürfen.

Ein wichtiges Stichwort ist sicherlich: Sharing-Culture. Wir teilen nach wie vor viele Informationen und lernen einander teilweise auf eine ganz neue Art kennen. Vor kurzem haben wir zum Beispiel einen virtuellen 65.Geburtstag mit Reden und einer Kuchenlieferung gefeiert. Jetzt ist auch die Zeit, kreativ zu sein und neue Formate auszutesten: Ich habe zweimal pro Woche einen 20-minütigen Breakfast Club mit meinem Team ins Leben gerufen, bei dem wir nicht über Arbeitsthemen sprechen.

Die COVID-19 Krise stellt mich vor eine weitere Herausforderung. Wir werden in einigen Bereichen für ein paar Monate Kurzarbeit einführen müssen. Eine Kurzarbeitsregelung stellt mein Team vor persönliche und organisatorische Herausforderungen. Um den Teamspirit aufrechtzuerhalten und zu garantieren, dass wir als Team weiterarbeiten können, haben wir uns auf eine Core-Arbeitszeit an drei Tagen geeinigt und eine Flex-Arbeitszeit darüber hinaus. Eine solche Situation stellt ein Team auf die Probe, aber ich bin mir sicher, dass wir auch diese bestehen werden.

Mitarbeitern vertrauen

Es ist unheimlich wichtig, dass Führungskräfte ihrem Team im Homeoffice vertrauen und dies auch zeigen, zum Beispiel indem man Flexibilität zulässt. Ein Beispiel: Meine Kollegin betreut neben der Arbeit derzeit ihre drei Kinder. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass sie am Vormittag eine Weile damit beschäftigt ist, den Kindern beim Homeschooling zu helfen. Video-Calls werden vom Küchentisch neben der Schularbeit getätigt. Sie informiert mich darüber, wann es vielleicht nicht so gut passt. Wir schaffen also teilweise neue Arbeitsrhythmen, bei denen es normal ist, auch abends E-Mails zu schicken und zu telefonieren.

„Ich denke, dass wir langfristig von den aufgebauten Routinen profitieren und nach der Krise eine gute Balance zwischen Büroalltag und Homeoffice finden werden.“

Ulrike Haugen

Norwegen hat aus meiner Sicht eine sehr resultatorientierte Geschäftskultur. Ich finde sogar, dass uns die aktuelle Situation stärker macht, indem noch mehr Vertrauen gezeigt und höhere Erwartungen an die Mitarbeiter gestellt werden. Durch regelmäßigen Kontakt mit den Mitarbeitern im Homeoffice können Projekte genauso gut verfolgt werden wie zuvor. Wir benutzen Tools wie Microsoft Teams nicht nur zum Austausch, sondern auch um Ziele und Checkpoints zu definieren und auf diese Weise Prozesse abzubilden. Eine gute Unternehmensstruktur und Berichterstattungskultur – ob in Form von Berichten oder sogenannter Steuerungskomitees für einzelne Projekte – ist hierbei entscheidend.

Führungsstärke zeigen

Ich glaube, dass Mitarbeiterführung trotz oder gerade aufgrund der Homeoffice-Situation sehr wichtig ist. Nicht unbedingt, um zu kontrollieren, dass genug gearbeitet wird, sondern um stets zu informieren, motivieren und Rückmeldungen zu erhalten. Eine offene und ehrliche Kommunikation ist eine der wichtigsten Komponenten der Unternehmensführung. Die regelmäßige Kommunikation ist besonders in Krisenzeiten umso wichtiger. Daher filmen wir zurzeit jede Woche ein CEO-Interview für unsere 12 000 Mitarbeiter. Alle Vorstandmitglieder nutzen die digitalen Kanäle, um sowohl zu informieren als auch auf auf Fragen zu antworten, die die Mitarbeiter über Chatfunktionen stellen können. Es ist uns wichtig, dass wir so transparent wie möglich sind, damit sich unsere Mitarbeiter in die Situation der Konzernleitung und Abteilungsleiter hineinversetzen können und schwere Entscheidungen somit besser nachvollzogen werden.

In Krisenzeiten muss die Umstellung auf neue Arbeitsweisen sehr schnell erfolgen, damit Unternehmen weiter funktionieren können, auch wenn die Mitarbeiter nicht wie gewohnt gemeinsam in den Büros arbeiten. Ein an den neuen Arbeitsalltag angepasster Führungsstil und entsprechende digitale Tools ermöglichen nicht nur kurzfristig die erfolgreiche Arbeit aus dem Homeoffice, sondern können auch langfristig das Teamwork stärken und sogar neue Potentiale eröffnen.