Der Tunnel nach Skandinavien

So soll die Einfahrt des Fehmarnbelttunnels im deutschen Puttgarden dereinst aussehen. Visualisierung: Femern A/S

Der Fehmarnbelttunnel zwischen Deutschland und Dänemark ist derzeit im Bau, 2029 soll er öffnen. Das Bauwerk wird Auswirkungen auf den deutsch-norwegischen Handel haben.

Für Zugreisende war sie ein Erlebnis, die sogenannte Vogelfluglinie zwischen Deutschland und Dänemark: Während mehrerer Jahrzehnte führte die kürzeste Eisenbahnverbindung zwischen Hamburg und Kopenhagen über die Häfen Puttgarden und Rødbyhavn. Dort wurde der Intercity-Zug samt Passagieren auf eine Fähre verladen und über den Fehmarnbelt, der beide Länder trennt, transportiert. Im Dezember 2019 war damit Schluss: die Eisenbahnverbindung wurde geschlossen, seither fahren die Züge zwischen Kopenhagen und Hamburg nur noch über die Jütlandlinie. Die Fähre transportiert weiterhin den Straßenverkehr.

Der Fehmarnbelt zwischen Deutschland und Dänemark. Bild: Wikimedia Commons

Doch das Aus für die Bahn gilt nur für eine Dekade: Bis 2029 soll mit dem Fehmarnbelttunnel der größte und tiefste kombinierte Eisenbahn- und Straßentunnel der Welt entstehen und die Fähre ersetzen. Der rund 18 Kilometer lange Tunnel unter dem Meeresboden verkürzt die Querung des Fehmarnbelts von 45 Minuten auf rund 10 Minuten; insgesamt soll durch das Bauwerk die Reisezeit zwischen Hamburg und Kopenhagen/Malmö von derzeit rund fünf Stunden auf deutlich unter drei schrumpfen.

Der Kontinent rückt näher

Die Erbauer des Tunnels nennen ihn auch die „Grüne Abkürzung nach Europa“, denn er beseitigt einen Flaschenhals zwischen Skandinavien und dem Kontinent, und das nicht nur im Personenverkehr. Der Tunnel verspricht große Änderungen im Warentransport zwischen den nordischen Ländern und Europa. Die kürzere Strecke erhöht dessen Wirtschaftlichkeit, weil sie Zeit und Energie einspart. Und mit dem Tunnel sind nun auch Güterzüge über die Vogelfluglinie möglich, womit Kapazitäten auf der Jütlandlinie frei werden und für erweiterten Personen- und Frachttransport zur Verfügung stehen.

Nützlich für Norwegen

Der Tunnel verkürzt auch die Reisezeit zwischen Norwegen und Deutschland und bringt damit Vorteile für beide Länder, sagt Michael Kern, der Geschäftsführer der AHK Norwegen. „Das ist kein Tunnel, der zwei Ebenen in Dänemark und Deutschland verbindet, sondern ganz Europa“, betonte er vergangenen Herbst vor Vertreter*innen des norwegischen Parlaments an einer Versammlung von STRING. Er war eingeladen, die deutsche Perspektive auf das Bauwerk zu erläutern. Norwegen und Deutschland werden wirtschaftlich immer wichtiger füreinander und dadurch steige auch der Bedarf an zuverlässigen, raschen logistischen Verbindungen, sagt er. „Der kürzere Weg wird norwegischen Unternehmen die Möglichkeit geben, die wirtschaftsstarken, südlichen Bundesländer Deutschlands besser zu erschließen und umgekehrt.“

AHK-Geschäftsführer Michael Kern vor dem Parlamentsausschuss in Oslo. Screenshot: String/LinkedIn

In Norwegen werden seit einiger Zeit Stimmen laut, die fordern, die Bahninfrastruktur insbesondere im Südosten des Landes auszubauen, um das Potenzial der Fehmarn-Querung ab 2029 ausschöpfen zu können. Die norwegischen Verkehrsbetriebe stützten sich in einem Arbeitspapier vom Januar 2023 zwar auf eine Studie die prognostiziert, dass der Fehmarnbelttunnel für Norwegen eher wenige Verlagerungsvorteile für die Eisenbahn mit sich bringt. Allerdings rechnet auch die Studie mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen auf Straße und Schiene. Das norwegische Eisenbahndirektorat identifizierte dies unlängst als eine der kommenden Herausforderungen für den südöstlichen Korridor.

Mit der Unterstützung der EU

Die EU verspricht sich viel vom neuen Tunnel. So ist die Fehmarnbelt-Querung Teil des sogenannten europäischen TEN-V-Netzes, das darauf abzielt, die Infrastruktur zu rationalisieren, damit der EU-Binnenmarkt besser und umweltfreundlicher funktioniert. Die Kosten des Tunnelprojekts tragen Deutschland und Dänemark, die EU-Kommission sprach jedoch Fördergelder durch das Connecting Europe Facility (CEF)-Programm. Darauf, dass Bahnreisende schon bald wieder in den Genuss der Vogelfluglinie kommen – wenn auch unter Wasser.

Mehr Informationen zum Tunnel sowie Aktuelles zum Baugeschehen hier: https://femern.com/de

Interessiert am skandinavischen Markt?

Vom 29.01.–02.02.2024 führt die AHK Norwegen in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Schwedischen Handelskammer eine Geschäftsanbahnungsreise nach Norwegen und Schweden durch. Die Reise ist Teil des BMWK-Markterschließungs- programmes und richtet sich an deutsche Unternehmen und Hersteller aus den Bereichen Eisenbahnbau / Bahntechnik / Schienenverkehr. Mehr Informationen gibt es hier.