„Ein Stein im Schuh kann keine Ausrede sein!“ – Interview mit dem ehemaligen Fußballprofi Jan Åge Fjørtoft

Jan Åge Fjørtoft bei seinem Auftritt am Sommerfest 2023 der AHK Norwegen. Bild: AHK Norwegen

Der ehemalige Profi-Fußballer Jan Åge Fjørtoft begann Anfang der 1989 seine internationale Karriere bei Rapid Wien, spielte im Anschluss fünf Jahre lang für verschiedene Clubs in England und von 1998 bis 2001 bei Eintracht Frankfurt. Fjørtoft hat damit knapp zweidrittel seiner Profikarriere im Ausland verbracht, am längsten im deutschsprachigen Raum. Dabei fiel Fjørtoft nicht nur durch Leistungen auf dem Fußballplatz auf, sondern war aufgrund seiner sympathischen Art vor allem in Frankfurt ein Publikumsliebling. Von seinen Erfahrungen zehrt Fjørtoft noch heute und ist dem internationalen Arbeitsumfeld als erfolgreicher Kommentator, Berater und Unternehmer in diversen Projekten treu geblieben. Im Juni 2023 war Fjørtoft zu Gast als Keynote Speaker beim AHK-Sommerfest. Das gab uns die Gelegenheit, ihm ein paar Fragen zu stellen:

Sie haben im Laufe Ihrer Karriere sehr erfolgreich in vier verschiedenen Ländern gespielt: Wie schafft man es, sich immer wieder einer neuen Umgebung anzupassen und dabei noch ausreichend Energie für den eigentlich Job zu haben?
Viel trainieren!!! Das Wichtigste ist Wissen. Und damit meine ich nicht nur das Wissen über den Fußball. Sondern auch über das Land und die Gesellschaft, von der du ein Teil bist. Ich habe in vier verschiedenen Ländern Fußball gespielt, und obwohl ich ein stolzer Norweger bin, ist ein Teil von mir Österreicher, ein Teil Brite und ein Teil Deutscher.

„Obwohl ich ein stolzer Norweger bin, ist ein Teil von mir Österreicher, ein Teil Brite und ein Teil Deutscher.“

In Deutschland waren Sie nicht nur auf dem Platz erfolgreich, sondern avancierten nach Abpfiff zum Publikumsliebling. Was muss man tun, um in einem fremden Land erfolgreich zu sein?
In erster Linie ist es wichtig, dass man alles tut, um die Sprache zu lernen. Das zeugt von grundlegendem Respekt. Zum Glück kann ich mich generell gut an neue Umgebungen anpassen. Außerdem gilt es, neugierig zu sein auf das neue Land, in das man zieht, die Geschichte des Landes kennenzulernen und zu versuchen, die Menschen zu verstehen, warum sie so handeln und denken, wie sie es tun. Der Bonus dabei ist, dass man dabei selbst ein besserer Mensch wird.

Als Profi-Fußball braucht es eine unheimliche Motivation und einen enormen Einsatz, um so weit zu kommen. Wie bringt man so etwas auf und wie können Sie diese Eigenschaft heute nutzen?
Ich bin mit 35 Jahren in den Ruhestand gegangen! Ich habe viel aus dem Fußball in mein neues Leben mitgenommen, vor allem „Seit bereit, sei DABEI!“ Meine Aufgabe war es, Tore zu schießen. Es wäre sinnlos gewesen, zu behaupten, ich hätte einen Stein im Schuh gehabt, wenn ich eine Chance verpasst habe. Sport im Allgemeinen ist sehr echt. In einem Spiel hat man keine Zeit zu sagen, dass man mitten in einem Prozess ist. Dann ist der Zug abgefahren!

„In einem Spiel hat man keine Zeit zu sagen, dass man mitten in einem Prozess ist. Dann ist der Zug abgefahren!“

Die Erwartungshaltung im norwegischen Fußball ist eine andere als in der deutschen Bundesliga. Wie haben Sie das erlebt?
Generell gibt es einen großen Unterschied zwischen den Ländern und einen nicht minder großen Unterschied zwischen den Ligen. Die deutsche Bundesliga ist eine der größten der Welt. Mit riesigen Zuschauerzahlen. Deshalb ermutige ich die Norweger immer, nach Deutschland zu fahren und die fantastische Tribünenkultur zu erleben.

Welche großen Unterschiede haben Sie zwischen Norwegen und Deutschland festgestellt?
Es wäre nicht fair, die beiden Länder zu vergleichen, da Deutschland auf jeder Ebene viel größer ist als Norwegen. Auch wenn wir Norweger das manchmal vergessen, aufgrund unseres Öls, Gases oder der erfolgreichen Sportler*innen! Der größte Unterschied ist, dass Deutschland im Zentrum Europas liegt, mit all den Vorteilen und Herausforderungen, die das mit sich bringt. Währenddessen ist Norwegen damit beschäftigt, seine Identität teilweise am Rande zu kultivieren…

Die Zeit als Profifußballer ist unglaublich intensiv. Viele verlieren ihren Elan, wenn sie in Rente gehen. Sie waren und sind nach Ihrer Karriere auf dem Spielfeld unglaublich aktiv. Was braucht es, um nach der Profikarriere etwas zu finden, das einen reizt?
Entwicklung. Ich war immer daran interessiert, mich als Person weiterzuentwickeln. Als ich mit dem Fußballspielen aufhörte, war es für mich wichtig, andere Möglichkeiten der Entwicklung zu finden. Ich war immer sehr daran interessiert, meine Erfahrungen aus den verschiedenen Ländern mitzunehmen. Deshalb bewerbe ich mich oft für internationale Projekte. Harte Arbeit ist die Grundlage, und zum Glück ist es möglich, auch außerhalb des Fußballplatzes einen Treffer zu erzielen und Ziele zu erreichen.