Morten Høglund, Vorsitzender des Arktischen Rates. Bild: Jessica Cook/Arctic Council Secretariat
Der Arktische Rat ist eines der Gremien, in denen die westlichen Länder weiterhin mit Russland zusammenarbeiten. Wir haben mit dem derzeitigen Vorsitzenden des Rates, Morten Høglund, über Norwegens Ziele im Rat, geopolitische Herausforderungen und Energieprojekte in der Arktis gesprochen. Und über die Rolle Deutschlands als Beobachterstaat.
Norwegen hat im Mai 2023 den Vorsitz des Arktischen Rates übernommen. Morten Høglund, Senior Advisor im norwegischen Außenministerium und Botschafter des Landes für die Arktis, steht jetzt an der Spitze des Rates.
Herr Høglund, was sind die Aufgaben des Arktischen Rates und was ist Ihre Rolle als Ratsvorsitzender, als sogenannter „Chair of the Senior Arctic Officials (SAOC)“?
Morten Høglund: Der Arktische Rat ist das führende zwischenstaatliche Forum für die Zusammenarbeit, Koordination und Interaktion zwischen den arktischen Staaten, den indigenen Völkern der Arktis und anderen Bewohnern des hohen Nordens. Wir beschäftigen uns mit gemeinsamen arktischen Themen, insbesondere zu Fragen der nachhaltigen Entwicklung und des Schutzes der arktischen Umwelt. Während des zweijährigen norwegischen Vorsitzes bin ich für die tägliche Arbeit des Arktischen Rates zuständig.
Der Arktische Rat
…(engl. Arctic Council) ist ein zwischenstaatliches Forum mit ständigem Sitz in norwegischen Tromsø. Das Gremium wurde 1996 zum Interessenausgleich zwischen den arktischen Anrainerstaaten und den in der Region lebenden indigenen Völkern gegründet. Im Arktischen Rat vertreten sind Dänemark (für Grönland), Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und die USA. Eines der Länder hält jeweils für zwei Jahre den Vorsitz. 13 nicht-arktische Länder sind zudem als ständige Beobachter im Rat vertreten, darunter China, das Vereinigte Königreich und Deutschland. (Quelle: Wikipedia)
Welche Interessen vertritt Norwegen im Arktischen Rat?
Norwegen ist daran interessiert, dass wichtige arktische Themen in Zusammenarbeit mit den anderen arktischen Staaten und den indigenen Völkern angegangen werden können. Thematisch wird Norwegen unter seinem Vorsitz die Arbeit an den Ozeanen, dem Klima und der Umwelt, der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und den Menschen im Norden betonen. Bei unserer Arbeit an diesen Prioritäten werden wir uns bemühen, die Beteiligung der Jugend zu stärken. Eine weitere wichtige Priorität ist die Stärkung der Rolle der Organisationen der indigenen Völker im Rat. Das Wichtigste, was Norwegen unter diesem Vorsitz tun kann, ist sicherzustellen, dass der Arktische Rat angesichts der anspruchsvollen geopolitischen Lage überlebt.
Sie spielen auf Russlands Mitgliedschaft im Rat an. Was bedeutet das für Norwegens Vorsitz?
Es ist natürlich eine schwierige Situation. Als Vorsitz des Rates ist es unser Ziel, dass alle Mitglieder des Rates gleich behandelt werden und die gleichen Möglichkeiten zur Teilnahme haben.
„Es ist unser Ziel, dass alle Mitglieder des Rates gleich behandelt werden und die gleichen Möglichkeiten zur Teilnahme haben.“
Der norwegische Vorsitz hat sich kürzlich mit allen Arbeitsgruppenleitern und dem Sekretariat des Rates getroffen, um die weitere Arbeit zu koordinieren. Was sind die Ergebnisse?
Das dreitätige Treffen in Tromsø war ein voller Erfolg und eine gute Gelegenheit, die künftige Arbeit zu planen. Die Arbeitssituation ist anspruchsvoll und es ist notwendig, dass alle auf dem neuesten Stand sind. Es gab viel Engagement und eine positive Einstellung am Tisch, alle sind bestrebt, die wichtige Arbeit des Arktischen Rates voranzutreiben. Das erfüllt mich mit Optimismus.
Wie Sie sagten, wird Norwegen einen Schwerpunkt auf die Themen Klima und Umwelt in der Arktis legen. Wie steht der Rat zu CCS-Projekten, der Produktion von (Offshore-)Windenergie und grünem Wasserstoff in arktischen Gebieten?
Es gibt spannende und wichtige Entwicklungen in der Arktis im Zusammenhang mit der grünen Wende. Der Rat erfüllt hierbei eine wichtige Aufgabe im Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den Nationen und Gemeinden im Norden. Die Länder im Rat werden weiterhin etwas unterschiedliche Ansätze für ihre Projekte haben, und es ist nicht das Ziel, dass alle die gleiche Politik in diesem Bereich betreiben müssen. Wichtig ist, dass alle die Rechte der indigenen Völker in Prozessen der grünen Wende verstehen und anerkennen.
„Wichtig ist, dass alle die Rechte der indigenen Völker verstehen und anerkennen.“
Deutschland ist mit Beobachterstatus im Arktischen Rat vertreten. Welche Interessen vertritt Deutschland im Rat und wie trägt das Land zu seiner Arbeit bei?
Wir schätzen das langjährige Engagement Deutschlands in der Arktis. Deutschland ist eines der führenden Länder bei Forschungsaktivitäten in verschiedenen Teilen der Arktis, einschließlich des Arktischen Ozeans. Das Land verfügt über bedeutende Forschungskapazitäten, die für die Wissensbasis über die Arktis wichtig sind. Da wir Deutschlands Aktivitäten in der Arktis kennen, gibt es eine gute Übereinstimmung zwischen den deutschen Interessen und einigen norwegischen Prioritäten.
Für die Arbeit des Arktischen Rates ist öffentliche Aufmerksamkeit wichtig. Was werden Sie tun, um für Ihre Arbeit zu sensibilisieren?
Unser Ziel ist es, durch die aktive Nutzung sozialer Medien, einen stärkeren Fokus auf junge Menschen und die Teilnahme an verschiedenen Konferenzen und Veranstaltungen, etc. sichtbarer zu werden.
Mehr Informationen zum Arktischen Rat auf dessen Webseite.
Morten Høglund, *1965, begann seine politische Karriere als stellvertretender Bürgermeister des norwegischen Städtchens Ski. In den 2000er Jahren vertrat er die Region Akershus im norwegischen Parlament als Mitglied der Fortschrittspartei (FrP). Danach wurde er Sonderberater für die Arktis im Außenministerium und später Staatssekretär. Seit 2021 vertritt er Norwegen im Arktischen Rat.
Sie interessieren sich für die norwegische Sicherheitspolitik in der Hohen Arktis? Im Magazin Loyal finden Sie ein Interview mit dem norwegischen Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram.