Wintershall Dea und die deutsch-norwegische Energiepartnerschaft

Der gebürtige Österreicher Michael Zechner trat im März seine neue Position als Managing Director von Wintershall Dea Norge AS, der norwegischen Tochtergesellschaft von Wintershall Dea, an. Zechner ist bereits seit 2003 für Wintershall Dea tätig, zuletzt als Senior Vice President Global Exploration in Kassel. Vorher war er in verschiedenen operativen und führenden Positionen in Stavanger und Buenos Aires für das Unternehmen tätig.

Mit der Position in Norwegen übernimmt Zechner die Verantwortung für einen der Kernregionen von Wintershall Dea. Das Unternehmen ist heute eines der führenden Öl- und Gasunternehmen auf dem norwegischen Festlandsockel und hier seit fast fünf Jahrzehnen aktiv. Wintershall Dea verfügt über rund 100 Lizenzen in Norwegen und ist bei etwa einem Drittel davon Betriebsführer, zum Beispiel bei den produzierenden Feldern Brage und Vega. Das Portfolio wird stetig um smarte Lösungen und neue Technologien erweitert. So machte das Unternehmen zum Beispiel mit dem Entwicklungsprojekt Nova auf sich aufmerksam: Dieses Feld wird mittels einer Unterwasser-Produktionsanlage erschlossen, die fest auf dem Meeresboden installiert ist und an eine bestehende Plattform angeschlossen wird. Wir haben mit Michael Zechner über aktuelle Herausforderungen und Ziele gesprochen.

Wintershall Dea gehört zu den führenden Öl- und Gasproduzenten auf dem norwegischen Festlandsockel. Erst im Januar wurden Ihrem Unternehmen im Rahmen der APA-Lizenzvergabe (Applications in Pre-Defined Areas) sieben Förderlizenzen in Norwegen zugeteilt. Mit Blick auf das Netto-Null-Emissionsziel der EU für 2050 rückt die grüne Transformation jedoch immer weiter in den Vordergrund. Wo sehen Sie aktuelle Herausforderungen für Ihr Unternehmen?

Michael Zechner: Das Netto-Null-Emissionsziel der EU ist ehrgeizig, das stimmt. Aber in jeder Herausforderung liegt eine Chance. Und wir sind ein ehrgeiziges Unternehmen, das sich als Teil der Lösung versteht. Unsere Produktion in Norwegen gehört bereits heute zu den emissionsärmsten der Welt. Wir betreiben mehrere sogenannte Tie-Back-Felder, die die vorhandene Offshore-Infrastruktur nutzen und produzieren auf diese Weise Kohlenwasserstoffe so nachhaltig wie möglich. Wir setzen in unserem Portfolio einen Fokus auf Gas, weil wir davon überzeugt sind, dass es als sauberster Kohlenwasserstoff eine entscheidende Rolle bei der Energiewende spielen wird.

Als Gas- und Ölunternehmen beschäftigen wir uns intensiv mit technischen Herausforderungen und deren Lösungen. Große Teile der Erfahrung, die wir in über 125 Jahren in unserem Kerngeschäft weltweit gesammelt haben, sind essenziell für eine erfolgreiche Energiewende. Nehmen wir als Beispiel die Speicherung von CO2 im Untergrund: Hier wenden unsere Kolleginnen und Kollegen aus diversen Disziplinen der Geowissenschaften Expertenwissen und Erfahrung an, um sichere Untergrundlagerstätten für CO2 zu finden und zu erschließen.

Und um es ganz klar zu sagen: Wir unterstützen die EU-Ziele voll und ganz. Wir wollen in unserem gesamten Upstream-Geschäft bereits bis 2030 das Ziel von Netto Null-Emissionen erreichen.

Sie haben an der Diskussionsrunde mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck teilgenommen und Potenziale der deutsch-norwegische Zusammenarbeit in der zukünftigen und vor allem grünen Energieversorgung eruiert. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen? Wie kann Wintershall Dea dazu beitragen?

Es war eine aufschlussreiche Erfahrung, mit dem Vizekanzler über die Zusammenarbeit zwischen Norwegen und Deutschland zu diskutieren. Er ist bei der Frage, welche Energiearten in Zukunft wichtig sein werden, pragmatisch und eindeutig motiviert, die Versorgung für Deutschland zu diversifizieren. Norwegen spielt dabei eine wesentliche Rolle und wird mittel- bis langfristig deutlich mehr grüne Energie durch Wind- und Wasserkraft nach Europa liefern. Wintershall Dea unterstützt zudem das Vorhaben, einen europäischen Wasserstoffmarkt zu entwickeln.

Aber auch kurzfristig haben Wintershall Dea und unsere Partner in Norwegen wichtige Projekte im Portfolio, mit denen wir innerhalb der nächsten 12 Monate zusätzliche Gasmengen nach Europa liefern wollen. Dies wurde seitens des deutschen Bundeswirtschaftsministers sicherlich als positive Nachricht aufgenommen.

CCS ist ein großes Thema in Norwegen, das in Deutschland nach wie vor sehr kontrovers diskutiert wird. Welche Möglichkeiten sieht Wintershall Dea hier?

Die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CCS, Carbon Capture and Storage) wird in Norwegen lösungsorientierter diskutiert und auch von der Politik aktiv unterstützt. Dadurch ist die gesellschaftliche Akzeptanz für diese Technik hier deutlich breiter. Die norwegische Industrie speichert Kohlendioxid seit Jahren sicher unter dem Meer, wie beispielsweise auch im Snøhvit-Feld, wo Wintershall Dea als Partner beteiligt ist.

Als Unternehmen und Industrie verfügen wir über das Wissen, die Technologien und die Infrastruktur, um Norwegen zu einem Pionier für CCS-Projekte im großen Maßstab zu machen. Entscheidend dafür ist vor allem, dass dafür in Norwegen die geologische Ausgangslage ideal ist – schließlich haben die Lagerstätten unter der Nordsee seit vielen Millionen von Jahren Gas und Öl sicher gespeichert!

Was sind die Ziele von Wintershall Deas in Norwegen für die Zukunft?

Weltweit streben Länder eine Steigerung des Lebensstandards an, und dies bedeutet einen gesteigerten Energiebedarf. Gleichzeitig ist auch die Debatte um den Klimawandel im globalen öffentlichen Diskurs mittlerweile fest verankert. Kurz: Immer mehr Menschen fordern immer mehr immer grünere Energie. Wir sehen darin für uns zwei klare Aufträge: die existierende Produktion durch die smarte Nutzung von vorhandener Infrastruktur noch effizienter zu machen, Gas- und Ölfündigkeiten aus den letzten Jahren so umweltfreundlich wie möglich zu entwickeln und gleichzeitig an neuen Lösungen für eine nachhaltige Energieversorgung in der Zukunft zu arbeiten.

Für Sie persönlich: Welche Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen und wofür möchten Sie bei Wintershall Dea stehen?

Für mich stehen die Unversehrtheit meiner Kolleginnen und Kollegen sowie der Schutz der Umwelt, in der wir aktiv sind, an erster Stelle. Jede und jeder soll sich bei der Arbeit sicher fühlen und den Arbeitstag gleichermaßen gesund beginnen und beenden. Wir arbeiten in zum Teil rauen Umgebungen mit schweren, beweglichen Teilen in komplexen Systemen. Darüber hinaus sind die Umgebungen, in denen wir operieren, sehr sensible Ökosysteme und ihr Schutz steht für uns an ebenso wichtiger Stelle wie der Schutz der Menschen. Unsere Arbeit kann daher nur funktionieren, wenn wir Mensch und Natur schützen. Das ist meine oberste Priorität.

Darüber hinaus bin ich leidenschaftlich daran interessiert, Menschen die Fähigkeiten und Werkzeuge zu geben, um sich zu entwickeln und sich immer wieder selbst zu übertreffen. Wir haben einige der begabtesten Fachleute der Branche, die hier bei Wintershall Dea Norge arbeiten und auch ich lerne jeden Tag von meinen Kolleginnen und Kollegen dazu und entwickle mich damit weiter. Ich bin jeden Tag aufs Neue gespannt, was wir alle gemeinsam erreichen können.