Automobil-Geschichte „Made in Zwickau“

Wer in Ostdeutschland an Autos „Made-in-Zwickau“ denkt, hat oftmals noch ein Knattern im Ohr, den markanten „Trabbi-Geruch“ in der Nase und eine gehörige Portion Nostalgie im Herzen. Von 1957 bis 1991 stand die ostsächsische Stadt wie kein anderer Ort für die inzwischen kultige Rennpappe der VEB Sachsenring Automobilwerke. Mit der Einführung des VW ID.3 und dem damit verbundenen Baukastensystem, rückt Volkswagen Zwickau neu, ganz ohne Knattern und Abgase, in den Fokus.

Als am 4. November 2019 feierlich der erste ID.3 vom Band rollte, ließ es sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht nehmen, persönlich nach Zwickau zu reisen. Ein dreiviertel Jahr später, Ende August 2020, erreichte die erste Schiffsladung mit 700 dieser Elektrofahrzeuge Oslo, und somit den norwegischen Markt. „Der ID.3 eröffnet eine neue Ära für Volkswagen, vergleichbar mit dem ersten Golf“, hebt Anita Svanes, Communication Manager bei der Møller AS, die Bedeutung dieser Lieferung hervor. Was den ID.3 so besonders macht, ist der Modulare E-Antriebs-Baukasten (MEB), auf dem das Fahrzeug basiert. „Auf dieser Basis werden in den kommenden Jahren viele neue Elektroautomodelle auf den Markt kommen“, so Svanes weiter.

Den Grundstein für die Neuausrichtung hat Volkswagen an seinem traditionsreichen Automobilstandort Zwickau gelegt, an dem nun, nach mehr als 9,5 Millionen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, das letzte konventionell betriebene Auto vom Band lief.

Standort mit Tradition

Bei der finalen Zahl von 9 512 001 PKW handelt es sich allerdings nicht allein um Volkswagen und Trabant – der Standort Zwickau hat eine weit umfassendere Tradition. Bereits im Jahr 1904 gründete August Horch hier die A. Horch & Cie. Motorwagenwerke AG, die bis 1940 über 30 000 Autos produzierte. Darüber hinaus war Horch im Jahr 1909 für die Gründung der Audi Automobilwerke GmbH verantwortlich, die in Zwickau ein Jahr später den ersten Audi auf die Straße brachte. In den folgenden Jahrzehnten wurden in der ostsächsischen Stadt mehr als 330 000 PKW verschiedener Marken produziert, bevor im Jahr 1957 die Produktion des Trabant startete. Insgesamt rollte das Duroplast-Auto 3 096 099 mal aus dem Werk. Volkswagen produzierte am selben Standort in den 30 Jahren nach der Wiedervereinigung neben Modellen wie dem Polo, dem Golf oder dem Passat auch Premiumprodukte wie den Phaeton oder Bentley und Lamborghini. Über sechs Millionen Autos mit Verbrennungsmotoren liefen so nach der Wende in Zwickau vom Band.

Zwickau spielt eine Schlüsselrolle

Im Juni hat Volkswagen mit dem letzten in diesem Werk gefertigten Verbrenner-Golf einen insgesamt 116 Jahre andauernden Abschnitt der Automobilproduktion in Zwickau beendet, und durch die Transformation hin zur Elektromobilität gleichzeitig ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der Standort spielt für den Systemwechsel eine Schlüsselrolle: Erstmals wird hier eine große Automobilfabrik mit Investitionen von rund 1,2 Milliarden Euro komplett auf Elektromobilität umgerüstet. Die Produktionslinien des Werkes wurden mit 1 700 Robotern, fahrerlosen Transportsystemen und vollautomatischen Produktionsprozessen versehen, gleichzeitig wurden zwölf neue Hallen und Gebäude errichtet. Alle Umbauten werden noch in diesem Jahr abgeschlossen sein. Im ersten vollelektrischen Produktionsjahr 2021 sollen dann auf Basis des MEB und rund 300 000 E-Autos in Zwickau vom Band laufen. Der Standort wird damit zum größten und leistungsfähigsten Elektrofahrzeugwerk Europas.

„Der ID.3 eröffnet eine neue Ära für Volkswagen, vergleichbar mit dem ersten Golf.“

Anita Svanes, Communication Manager bei Møller AS

Der Produktionsstart in Zwickau stellt den Beginn der Umstellung Volkswagens auf Elektromobilität dar. Künftig wird der Konzern in acht weiteren MEB-Werken in Europa, Asien und Nordamerika Elektroautos bauen. „Zusammen bilden diese Fabriken das weltweit größte Produktionsnetzwerk für Elektroautos“, so Svanes.

Inzwischen befindet sich in Zwickau bereits das nächste ID.-Modell in Serienproduktion. Neben dem ID.3 wird auch der SUV ID.4 am traditionellen ostdeutschen Standort gefertigt. Als nächstes sollen Fahrzeuge der Schwestermarken Audi, Seat und Skoda folgen.