Deutsche Städte im Visier: Warum der norwegische Ölfonds Immobilien in Deutschland mag  

Norwegens staatliche Auslands-Pensionsfonds, oder „Ölfonds“, ist der größte Staatsfonds der Welt. Diese Milliarden investiert der norwegische Staat in ein breites Portfolio. Ein wichtiges Investitionsziel ist Deutschland – unter anderem im Bereich Immobilien.

Paris, London, New York, Tokyo. Und Berlin. Der staatliche Pensionsfonds besitzt Immobilien auf der ganzen Welt. Dabei haben die Fondsverwalter von Norges Bank Investment Management vor allem Weltstädte im Visier. Bis zu sieben Prozent des Fonds, der insgesamt etwa 1,3 Billionen Euro schwer ist, können die Fondshüter in börsennotierte Immobilien investieren. Erklärtes Ziel sind dabei hochwertige Immobilien, die zentral in prosperierenden Weltstädten gelegen sind. Das Augenmerk liegt dabei hauptsächlich auf Büro- und Einzelhandelsimmobilien sowie Logistikimmobilien, die mit globalen Vertriebsketten verbunden sind. Dabei wird der Fonds auch immer wieder in Deutschland fündig – insgesamt gab der Ölfonds dort bereits Milliarden für den Kauf von Immobilien aus.

Der staatliche Pensionsfonds Norwegens

Der Staatliche Pensionsfonds Norwegens hat die verantwortungsvolle und nachhaltige Verwaltung der Einnahmen aus den Öl- und Gasvorkommen Norwegens zum Ziel. Der Fonds wurde 1969 nach der Entdeckung des Ölfeldes in der Nordsee vom Staat eingerichtet. Der Ölfonds soll die die norwegische Wirtschaft vor Schwankungen der Öleinnahmen zu schützen und die Zukunft der norwegischen Wirtschaft sichern. Das norwegische Management von Öl- und Gasressourcen ist somit weltweit einzigartig – es verfolgt das bewusste Ziel, dass ein Großteil der Einnahmen der Gesellschaft und zukünftigen Generationen zugutekommen soll.

Der staatliche Pensionsfonds Norwegens ist zweigeteilt: Den einen Teil bildet der „Inlandsfonds“, den anderen der Auslandsfonds. Letzterer ist unter dem Namen „Ölfonds“ bekannt. Norwegens Einkünfte aus der Ölförderung werden also an den Pensionsfonds der Regierung im Ausland überwiesen und von dort aus auch nur im Ausland investiert. Diese Transfers machen knapp die Hälfte des gesamten Fondswertes aus. Der Großteil wird durch wichtige Investitionen in Aktien, Beteiligungen, Immobilien und Infrastruktur für erneuerbare Energien erwirtschaftet. Damit ist der Ölfonds einer der größten Fonds der Welt.

Die Fonds-Investoren von Norges Bank Investment Management tätigen bevorzugt Investitionen in Städte, die aus ihrer Sicht ein starkes Rechtssystem aufweisen und mit starkem Wirtschaftswachstum. Berlin, die Hauptstadt der größten europäischen Volkswirtschaft, ist somit ein attraktives Investitionsziel in der Immobilienstrategie des Fonds. Der norwegische Ölfonds ist bereits 2012 in den deutschen Immobilienmarkt eingetreten und hat Anteile an Büroliegenschaften in Berlin und Frankfurt erworben. Die Investition in deutsche Immobilien scheint sich zu lohnen: In einer Marktanalyse von Norges Bank Investment Management für die Periode 2012-2019, weisen die Immobilien in Fondbesitz in Berlin, Frankfurt und München mit Abstand den schnellsten Renditezuwachs auf – vor London, New York oder Tokyo.   

Large panoramic view of Berlin, Germany

Eine eigene Strategie für Berlin

In der Bundeshauptstadt folgt der Ölfonds einer eigenen Strategie: Sie zielt vor allem auf Büro- und Einzelhandelsimmobilien in der City West und im Landkreis Mitte. Die City West ist das ehemalige Zentrum Westberlins und umfasst die historische und beliebteste Einkaufsmeile Kurfürstendamm. Mitte ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum. Eine Reihe der wichtigsten Institutionen Berlins, darunter der Bundestag, befinden sich in diesem Bezirk.

Im Mai 2022 zum Beispiel investierte Norges Bank Investment Management 677 Millionen Euro, umgerechnet rund 6,7 Milliarden NOK, in eine 50-prozentige Beteiligung am Sony Center in Berlin. Das Teileigentum ist die größte Einzelanlage des Ölfonds in Berlin. Oxford Properties besitzt die restlichen 50 Prozent. Das Sony Center ist ein Komplex aus acht Gebäuden mit einer Gesamtfläche von 113.000 Quadratmetern am Potsdamer Platz in Berlin. Für die Restaurierung des Sony Centers wurden insgesamt 1,9 Milliarden NOK bereitgestellt. Bei rund sieben Milliarden Besuchern pro Jahr ist das Ziel der Restaurierung die Modernisierung der Büroflächen und nachhaltigere Lösungen. Die Restaurierung des Sony Centers soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein.

Und 2021 hat Norges Bank Investment Management gemeinsam mit der Immobilien-Investmentfirma Prologis Group in elf Logistikimmobilien in Berlin und im Rhein-Ruhr-Gebiet investiert. Für seinen 47-Prozent-Anteil zahlte der Norwegens Auslandspensionsfonds 108 Millionen Euro, umgerechnet rund 1,1 Milliarden NOK. Die Objekte haben eine Gesamtmietfläche von 548.000 Quadratmetern. Die Prologis Group kaufte die restlichen 53 Prozent der Anteile und verwaltet das Gebäude im Auftrag der Partnerschaft.

Weiter besitzt Norwegens Ölfonds die Hälfte der Anteile an einem Bürogebäude am Kurfürstendamm sowie 100 Prozent des Axel Springer Neubaus in Berlin Mitte. Die beiden Gebäude weisen eine Gesamtfläche von knapp 126.000 Quadratmetern auf, die Anteile des Ölfonds belaufen sich auf einen Gesamtwert von ungefähr 8 Mrd. NOK (800 Mio. EUR). Doch auch in anderen deutschen Städten hat oder hatte der norwegische Ölfonds in Immobilien investiert. Auf rund 310 Mio. EUR (3,1 Mrd NOK) belief sich der Wert eines 80.000 Quadratmeter-Bürogebäudes in Frankfurt a.M., das Norges Bank Investment Management 2019 verkauft hat. Über 400 Millionen Euro (4 Mrd. NOK) brachte zudem der Verkauf zweier Bürogebäude in München in den Jahren 2018 und 2020 ein.