Deutsche Wirtschaft investiert stärker in Klimaschutz – Verunsicherung steigt

Pressemeldung: Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)

Die deutsche Wirtschaft investiert immer stärker in betrieblichen Klimaschutz und in die eigene Energieversorgung. Zugleich nimmt die Verunsicherung wegen unklarer oder widersprüchlicher Rahmenbedingungen zu. Das zeigt das vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) vorgestellte Energiewende-Barometer.

Aus den Ergebnissen der bundesweiten IHK-Umfrage, die der DIHK koordiniert und ausgewertet hat, geht hervor, dass der Anteil der Unternehmen, die Maßnahmen zur besseren Energieeffizienz eingeleitet haben, von 35 auf 38 Prozent angestiegen ist. Besonders deutlich nimmt demnach die Nutzung der Elektromobilität zu: 65 Prozent der Betriebe haben sich bereits entsprechende Fahrzeuge angeschafft oder planen dies, ein Plus von fünf Prozentpunkten. 

Betriebe nehmen mehr Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit wahr

Allerdings sehen die Unternehmen insgesamt wieder stärker die Risiken der Transformation für die eigene Wettbewerbsfähigkeit: Für inzwischen 30 Prozent der Unternehmen wirkt sich die Energiewende negativ auf das eigene Geschäft aus – nach 26 Prozent im Vorjahr. In der Industrie sind sogar 43 Prozent der Betriebe negativ betroffen. Angesichts der hohen Bedeutung der Industrie für die Wertschöpfung in Deutschland ist dieser hohe Wert besonders beunruhigend. Lediglich 19 Prozent über alle Branchen hinweg sehen hingegen eine positive Wirkung.

Hürden sind unter anderem langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren

„Viele Unternehmen erleben, wie Defizite in den Rahmenbedingungen eine zügige Umsetzung von Energiewende und Klimaschutz in der betrieblichen Praxis behindern”, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian. „Hürden sind aus Sicht der Betriebe langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren, der schleppende Ausbau von Stromnetzen und erneuerbaren Energien sowie die hohen Steuern, Abgaben und Entgelte, insbesondere auf Strom. Zudem verteuert die dieses Jahr eingeführte CO2-Bepreisung die Rechnung für Gas und Öl, wovon insbesondere im internationalen Wettbewerb tätige Mittelständler betroffen sind.“  

Einschätzung wird kritischer

Insgesamt erwarten die Unternehmen in Deutschland unter dem Strich daher mehr Risiken als Chancen für die eigene Wettbewerbsfähigkeit: Auf einer Skala von minus 100 („sehr negativ“) bis plus 100 („sehr positiv“) bewerten sie die Auswirkungen der Energiewende auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit durchschnittlich mit minus 6,7 und damit kritischer als im Vorjahr (2020: minus 2,5).    

„In dieser Stimmung schlägt sich der von vielen Betrieben erlebte Widerspruch zwischen Theorie und Praxis nieder”, so Adrian.

Die für die Erfüllung der Klimaschutzziele notwendigen Rahmenbedingungen blieben unklar, den Betriebe fehle damit die zentrale Planungsgrundlage für Zukunftsinvestitionen. 

Zusätzliche Einsparpotenziale oft schwierig umzusetzen

Ein Beispiel sind die  trotz Deckelung der EEG-Umlage stetig weiter steigenden Strompreise. Die Unternehmen benötigen immer mehr Grünstrom aus dem Netz und vom eigenen Dach, um die von der Politik gesteckten Ziele zu erreichen. „Aufgrund der Belastung mit Umlagen ist Strom aber häufig zu teuer, um den Einsatz von Gas und Öl zu ersetzen. Zugleich wird die Realisierung zusätzlicher Einsparpotenziale in der Praxis immer anspruchsvoller“, so Adrian.  Schließlich seien die meisten tiefhängenden Früchte bereits geerntet.  

Notwendige Umsetzungsmaßnahmen lassen auf sich warten

Adrian:“ Minderungsziele sind schnell beschlossen, die Entscheidungen über notwendige Umsetzungsmaßnahmen lassen vielfach auf sich warten.“ Die Firmen empfehlen hierzu, für einen schnelleren Ausbau der Stromnetze zu sorgen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Steuern und Abgaben auf den Strompreis zu reduzieren. 

Knapp zwei Drittel der Betriebe raten außerdem dazu, die Klimaschutzanstrengungen auf einen umfassenden Emissionshandel zu konzentrieren. In diesem Zusammenhang plädieren vier von fünf Unternehmen dafür, die nationale CO2-Bepreisung in ein europäisches System zu überführen und damit vergleichbare Wettbewerbsbedingungen in Europa zu schaffen.

Das kann nach Einschätzung des DIHK aber nur der erste Schritt sein. Wichtig ist, durch Vereinbarungen insbesondere mit den großen Wirtschaftsregionen weltweit dafür zu sorgen, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen erhalten bleibt. „Den meisten Unternehmen ist außerdem Technologieoffenheit wichtig“, so Adrian,“ etwa beim CO2-armem Wasserstoff oder im Bereich der Mobilität.“  

Noch 2017 sahen Betriebe mehr Chancen als Risiken

„Die Rückmeldungen zeigen uns, dass sich die Stimmung in vielen Unternehmen eingetrübt hat“, kommentiert Adrian die Ergebnisse der Erhebung. 2017 hätten die Betriebe noch insgesamt für sich mehr Chancen als Risiken in der Energiewende gesehen. In diesem Jahr überwögen die Risiken.