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Mit REDII will die EU Kommission zwei neue Direktiven zur Regelung der Wasserstoffwirtschaft in der Union und für deren Zulieferer verabschieden. Wir erklären hier, was es mit REDII auf sich hat.
Europa hat im vergangenen Jahr versucht, unabhängiger von russischem Gas zu werden, was zu einer Zunahme der Investitionen in grüne Energie geführt hat. Die EU hat versucht, eine Einigung darüber zu erzielen, wie am besten in Wasserstoff investiert werden kann. Dazu braucht es aber eine Definition, wann Wasserstoff, wasserstoffbasierte Kraftstoffe oder andere Energieträger als erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs gelten.
Der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2018/2001 (Renewable Energy Directive, daher RED) der EU fehlten weitergehende Regelungen und Definitionen, welche die Kommission mit zwei delegierenden Bestimmungen (daher RED II) zu schaffen versuchte. Diese müssen laut EU in Verbindung mit der Richtlinie die Gesetzgebung besser regeln. Das Ziel der Definition ist eine klarstellende Wirkung, die wiederum größere Anreize, in grünen Wasserstoff zu investieren, mit sich bringen soll.
Gute Chancen auf Annahme
In Anlehnung an den Vertrag von Lissabon wird zwischen delegierten Rechtsakten (Bestimmungen zur Ergänzung oder Erläuterung bereits bestehender Rechtsvorschriften) und Durchführungsrechtsakten (Durchführungsbestimmungen) unterschieden. Die Bestimmungen, mit von denen hier die Rede ist, gehören zur erstgenannten Kategorie. Nach Übermittlung des Vorschlags an das EU-Parlament und den Ministerrat haben die beiden Gremien zwei Monate Zeit, den von der Kommission vorgelegten Vorschlag anzunehmen oder abzulehnen. Weder das EU-Parlament noch der Ministerrat können die Vorschläge ändern. Oft werden die Vorschläge für delegierte Rechtsakte angenommen – denn um diese abzulehnen bedarf es einer sogenannten qualifizierten Mehrheit, also 65 % der Bevölkerung und 55 % der Mitgliedstaaten.
Die Bedeutung der Verordnung für die Branche
Die Richtlinie betrifft mehrere Marktsegmente, wie den Verkehrssektor und den Wärme- und Kältesektor. Die beiden delegierenden Bestimmungen werden ebenfalls bindend sein und dieselben Marktbereiche betreffen, für die bereits die Richtlinie 2018/2001 gilt.
Der Hauptzweck der von der EU vorgelegten Richtlinie besteht darin, Energie aus erneuerbaren Quellen in verschiedenen Sektoren zu fördern. Dies ist auch einer der Schwerpunkte der Energiepolitik der EU. Anfang 2030 müssen mindestens 32 % der gesamten Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Eine klare Definition entscheidet darüber, ob der produzierte Wasserstoff auch in den Berechnungen berücksichtigt werden kann, um dieses Ziel zu erreichen. Der Umweltminister in Deutschland hat bereits eine baldige Umsetzung dieser delegierenden Rechtsakte zugesagt.
In Deutschland gibt es bereits Regelungen, die Unternehmen mit grüner Wasserstoffproduktion einen bevorzugten Status einräumen.
Wann gilt Wasserstoff als „grün“?
Die EU definiert erneuerbaren flüssigen oder gasförmigen Kraftstoff nicht biologischen Ursprungs gesetzlich als „flüssigen oder gasförmigen Kraftstoff, der im Verkehrssektor verwendet wird, ausgenommen Biokraftstoff oder Biogas, und dessen Energiegehalt aus anderen erneuerbaren Energiequellen als Biomasse stammt“, vgl. Art. 2 (36) der EU-Richtlinie 2018/2001.
Die erste delegierende Bestimmung beruht auf der Grundlage (und in Übereinstimmung mit Artikel 27 Absatz 3 der Richtlinie), dass die Kommission gebeten wurde, EU-weit ein Verfahren zu entwickeln, um sicherzustellen, dass der Strom, der zur Erzeugung erneuerbarer flüssiger und gasförmiger Brennstoffe verwendet wird, auch tatsächlich erneuerbaren Ursprungs ist. Erreicht werden soll dies unter anderem mittels Regelungen zum zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zwischen der Brennstofferzeugung und der Stromerzeugungseinheit. Darüber hinaus muss der Kraftstoffhersteller entweder zur Finanzierung erneuerbarer Energien oder zu deren Verteilung beitragen.
Die Richtlinie enthält eine Mindestschwelle für die Einsparung von Treibhausgasemissionen für erneuerbare flüssige und gasförmige Verkehrskraftstoffe nicht biologischen Ursprungs. Nach Art. 25 Absatz 2 und Artikel 28 Absatz 5 der Richtlinie kann die Kommission eine Mindestschwelle für Treibhausgaseinsparungen durch recycelten Kohlenstoffbrennstoff festlegen. Darüber hinaus kann die Kommission auch eine Methode zur Bewertung der Treibhausgasemissionseinsparungen durch erneuerbare flüssige und gasförmige Verkehrskraftstoffe nicht biologischen Ursprungs und durch recycelten Biokraftstoff festlegen. Dies regelt die zweite Delegierungsvorschrift der Kommission.
Wasserstoff aus Atomkraft – erneuerbar oder nicht?
Da es sich um delegierte Rechtsakte handelt, d.h. um Bestimmungen, deren Zweck darin besteht, bereits bestehende Rechtsvorschriften zu ergänzen, müssen wir auf die bereits bestehende Richtlinie 2018/2001 zurückgreifen. In dieser Richtlinie wird die Kernenergie nicht in der Liste der erneuerbaren Energiequellen aufgeführt.
Frankreich und Deutschland haben darüber debattiert, ob die Atomenergie in die Liste aufgenommen werden kann. Eine mögliche Lösung besteht dann darin, mit Hilfe nicht erneuerbarer Quellen erzeugten Wasserstoff als „kohlenstoffarmen Wasserstoff“ zu definieren. Um dieser Definition gerecht zu werden, müssen die Treibhausgasemissionen um 70 % geringer sein als bei fossilen Brennstoffen.
Gelten die festgelegten Regeln für Importe in die EU?
Die kurze Antwort ist ja. Die Anforderungen an die eigentliche Produktion erneuerbarer Energie betreffen sowohl die lokale Produktion als auch Importe. Damit die EU-Länder sicherstellen können, dass die Regeln auch von Nicht-EU-Ländern eingehalten werden, die in die EU exportieren, werden freiwillige Regelungen eingeführt. Solche freiwilligen Vereinbarungen sind eine gängige Praxis in der EU.
Es ist nicht zu erwarten, dass die Änderungen über Nacht umgesetzt werden, sondern dass die Regelungen schrittweise in die Industrie einfließen.
Weiterführende Links
Delegierte Bestimmungen 1 und 2:
C_2023_1087_1_EN_ACT_part1_v8.pdf (europa.eu)
C_2023_1086_1_EN_ACT_part1_v5.pdf (europa.eu)
Zusammenfassung: Directive (EU) 2018/2001 of the European Parliament and of t… – EUR-Lex (europa.eu)
Richtlinie: L_2018328DA.01008201.xml (europa.eu)
Über Entscheidungsprozesse in der EU: Om beslutningsprosessen | europalov / Implementing and delegated acts – Consilium (europa.eu)
Q&A betr. RED II: EU Delegated Acts on Renewable Hydrogen (europa.eu)
Der Putin-Effekt: Putin-effekten: Turbo på grønn omstilling – Energi og Klima
Zusammenfassung und Kommentar: EU-Kommission legt Definition für grünen Wasserstoff vor | Gleiss Lutz