Gespräch mit Dr. Detlef Wächter, dem neuen deutschen Botschafter in Norwegen  

Der deutsche Botschafter Dr. Detlef Wächter im Gespräch in der Botschafterresidenz in Oslo. Bild: AHK Norwegen

Im August hat Dr. Detlef Wächter sein Amt als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Norwegen angetreten. Wir haben mit ihm über die Zukunft der deutsch-norwegischen Beziehungen und seine Position in Oslo gesprochen.


Herr Botschafter, Sie waren seit 2019 politischer Direktor im Verteidigungsministerium und wechselten nun auf eigenen Wunsch nach Oslo. Weshalb ausgerechnet Norwegen?

Dr. Detlef Wächter: Ich habe bei meinen exakt drei Jahren im Verteidigungsministerium die ganze Bandbreite der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik durchlaufen. Schon da und häufig zuvor während meiner Zeiten im Bundeskanzleramt hatte ich regelmäßig eng mit Norwegen, einem wichtigen transatlantischen Partner Deutschlands, zu tun. Ich war deshalb regelmäßig dienstlich in Norwegen – die raschen Entwicklungen, die das Land zwischen jedem meiner Besuche gemacht hat, haben mich immer wieder beeindruckt. Es waren also eine gewisse persönliche Verbindung basierend auf Bewunderung und Neugierde gegenüber dem Land sowie der Reiz, die guten Beziehungen von Deutschland und Norwegen weiter zu stärken, denen ich gefolgt bin. Und diese Beziehungen sind ja in der derzeitigen geopolitischen Lage noch wichtiger geworden, als sie es traditionell waren. In einem Wort: Oslo war mein Wunschposten!


Vor Ihrer Zeit im Verteidigungsministerium vertraten Sie die Bundesrepublik schon einmal als Botschafter, und zwar in Tansania.

Das ist richtig, dort war ich zwei Jahre als Botschafter tätig. Tansania ist ein von Armut geprägtes Land, wo es oft am nötigsten fehlt. Ich habe gleichwohl die Menschen dort immer sehr bewundert, wie sie es schafft, aus ihrer Situation stets das Beste zu machen, und vor allem wie sie in aller materiellen Bedürftigkeit ihre Würde wahren. Es war eine äußerst spannende und lehrreiche Station in meiner Karriere. Und ein Kontrast zu meiner Arbeit hier in Norwegen oder zuvor in Washington, Brüssel oder Helsinki. Hier in Oslo stellen sich in der bilateralen Zusammenarbeit und Interessevertretung ganz andere Fragen. Norwegen und Deutschland stehen sich sehr nahe und teilen viele Gemeinsamkeiten.   

 
Inwiefern?


Es gibt neben Norwegen nur wenige Länder auf der Welt, die einen so ähnlichen Blickwinkel auf die Welt haben wie wir in Deutschland. Das habe ich bei meiner früheren Arbeit im Bereich Verteidigung und Sicherheit immer wieder festgestellt. Und das gilt auch für das Feld der Diplomatie, wo unsere beiden Länder in vielen Krisenherden der Welt eine sehr ähnliche Rolle spielen und Hand in Hand arbeiten. Wir sind zudem äußerst dankbar, dass wir jetzt in der Energiekrise umso mehr auf unseren Freund Norwegen zählen können, der uns dabei hilft, unsere derzeitigen Herausforderungen zu lösen. Wobei Norwegen für Deutschland natürlich schon vor der russischen Invasion in der Ukraine ein sehr wichtiger Partner im Energiebereich war. Und wir sehen unsere Energiepartnerschaft über den Russland-Krieg hinaus auch langfristig. Auch kulturell stehen sich beide Länder nahe. Nicht umsonst ist Norwegen ein Sehnsuchtsort für viele deutsche Touristinnen und Touristen. Auch im Bereich Wissenschaft und Forschung besteht eine breite und ausgezeichnete Zusammenarbeit. Ich erinnere nur an die enge Zusammenarbeit zwischen der Uni Tromsø und dem Alfred-Wegener-Institut. Ein Beispiel für viele!

Der Botschafter zu Besuch in der AHK Norwegen kurz nach seinem Amtsantritt. v.l.n.r:  Dr. Christian Gayoso (Referent Kultur und Wirtschaft, Deutsche Botschaft Oslo), Hanne Marit Grønning Strand (Senior Projektleiterin Market Entry & Business Development AHK Norwegen), Michael Kern (Geschäftsführer AHK Norwegen), Dr. Detlef Wächter (Deutscher Botschafter in Norwegen), Andreas Totzauer (Finanzen & Controlling/Leiter Messe, AHK Norwegen).
Bild: AHK Norwegen


Wie werden sich Ihrer Meinung nach die norwegisch-deutschen Verbindungen in Zukunft entwickeln?

Energiepolitisch blicken Norwegen und Deutschland in eine gemeinsame Zukunft, die uns wegführt von fossilen Energieträgern. Norwegens Geschäftsmodell, maßgeblich zur Dekarbonisierung der europäischen Industrie beizutragen, wird auch künftig eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland mit sich bringen. Umgekehrt wird Deutschlands Bedarf an erneuerbarer Energie eine enge Kooperation mit Norwegen weiterhin unabdingbar machen. Die engste wirtschaftliche Verbindung beider Länder wird auch außerhalb des Energiebereichs anhalten. Norwegen ist nach wie vor ein sehr wichtiger Exportmarkt für unsere Anlagen- und Maschinenbauindustrie. Ich sehe zudem ein großes Potenzial für eine noch engere Zusammenarbeit im wehrtechnischen Bereich. Dies auch weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass beide Länder im sicherheitspolitischen Feld immer engere Partner werden und dies auch bleiben.

Welche Themen werden Ihrer Meinung nach in Zukunft für Sie und für die Arbeit der Botschaft am wichtigsten sein?

Entsprechend der gemeinsamen Zukunft von Norwegen und Deutschland ergeben sich die Themen, mit denen wir uns in der Botschaft befassen. Im Moment sind energiepolitische Angelegenheiten sehr wichtig – Themen wie erneuerbare Energien, Wasserstoff, Dekarbonisierung und CCS werden uns sicherlich begleiten in nächster Zeit. Und natürlich erfordert die derzeitige geopolitische Situation in Europa eine enge Zusammenarbeit der NATO-Länder, was Einfluss auf unsere Arbeit auf der Botschaft hat. Ich persönlich will gerne dazu beitragen, dass beide Länder ihre sicherheitspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit künftig noch weiter vertiefen. Für Letzteres ist die traditionell enge Partnerschaft der Deutschen Botschaft mit der AHK Norwegen wichtig. Deutschland und Norwegen haben aber auch im Bereich Kultur und Wissenschaft viele interessante und schöne Anknüpfungspunkte. Auch hier will die Deutsche Botschaft die Partnerschaften und den Austausch weiter stärken.   

Dr. Detlef Wächter hat am 15. August 2022 sein Amt als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Norwegen angetreten. Zuvor war er als Politischer Direktor im Verteidigungsministerium tätig, nach verschiedenen Stationen im Bundeskanzleramt und im Auswärtigen Amt, u.a. in der Zentrale, bei der NATO sowie bei den deutschen Botschaften in Finnland, Ägypten, den USA und in Tansania. Dr. Wächter ist aufgewachsen in Paderborn, Nordrhein-Westfalen, und hat an den Universitäten Bonn und Cambridge studiert, mit Promotion in Bonn. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.