Plastik ist in der modernen Welt allgegenwärtig. Vieles, das uns in unserem Alltag bestimmt, beruht auf Kunststoffen, die aufgrund der flexiblen Einsatzmöglichkeiten und der langen Haltbarkeit unverzichtbar geworden sind. Weltweit werden jährlich weit über 300 Millionen Tonnen Plastik produziert, von denen durch unsachgemäße Entsorgung ein großer Teil im Meer landet. Das Ergebnis ist eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit, für das es bisher noch keine Lösung gibt.
Auf der Erde gelangt jede Minute eine LKW-Ladung Plastikmüll in die Meere – acht Millionen Tonnen jährlich. Diese Menge würde ausreichen, um Berlin dreimal knöcheltief mit Müll zu bedecken. Nicht allein die sichtbare Verschmutzung durch Plastiktüten, -flaschen, Fischernetze oder Folien ist Bestandteil dieses riesigen Umweltproblems, auch die mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren Rückstände unserer Plastikwelt machen einen erheblichen Teil der Verunreinigung aus. Mikroplastik (Teilchen kleiner als fünf Millimeter) gelangt beispielsweise durch Reifenabrieb, Kosmetik oder synthetische Kleidungsstücke über die Flüsse in die Meere, und verteilt sich von dort aus durch das komplexe System der Meeresströmungen bis in die entlegensten Winkel der Erde. So wiesen im April Forscher des Alfred-Wegener-Instituts eine unerwartet hohe Rekordkonzentration von Mikroplastik im Eis der Arktis nach.
Der größte Teil des sichtbaren Plastikmülls sammelt sich in fünf gewaltigen Strudeln in den Ozeanen. Der Pazifische Müllstrudel stellt die weltweit größte bekannte Ansammlung von Müll in den Meeren dar. Neuesten Erkenntnissen zufolge soll der Müllstrudel zwischen Kalifornien und Hawaii bereits rund fünfmal so groß wie Deutschland sein und 1,8 Billionen Plastikteile enthalten.
The Ocean Cleanup
Das Projekt The Ocean Cleanup, das der Niederländer Boyan Slat vor einigen Jahren als Teenager initiierte, hat sich zur Aufgabe gemacht, die Meere zumindest von sichtbarem Plastikmüll zu befreien. Mit kilometerlangen Röhren, die auf der Meeresoberfläche schwimmen, will The Ocean Cleanup tonnenweise Plastikmüll aus dem Meer fischen. An den Unterseiten der luftgefüllten Planken ragen harte Schirme senkrecht ins Wasser, die wie ein riesiges Sieb arbeiten. Müll, der von der Strömung gegen die Barriere getrieben wird, soll an der Wasseroberfläche vor dem Schild hängen bleiben und regelmäßig von Schiffen abtransportiert werden. Das System selbst treibt, von speziellen Ankern gebremst, in verlangsamter Geschwindigkeit im Müllstrudel.
Nach mehreren Jahren der Entwicklung wurde im Sommer 2017 ein Prototyp des Meeresstaubsaugers in der Nordsee getestet. Der Standort sei dabei der ideale Ort für die Tests, schrieb The Ocean Cleanup auf dem Unternehmensblog.Wenn der Prototyp in den harschen Bedingungen der Nordsee bestehen könne, werde er sich auch im Pazifik bewähren. Nach dem erfolgreichen Test soll das System noch diesen Sommer im Pazifischen Müllstrudel installiert werden, und wird somit seit seiner Entdeckung 1997 der erste größere Versuch sein, die Müllmasse zu beseitigen.
Die Experten von The Ocean Cleanup glauben, dass ihre Anlage innerhalb von nur fünf Jahren die Hälfte des Pazifischen Müllstrudels beseitigen kann. Kritiker halten das jedoch für unrealistisch, manche befürchten sogar, dass der „Meeresstaubsauger“ Schaden im Meer anrichten könnte.
Pacific Garbage Screening
Ein anderes hochinteressantes Projekt zur Reinigung der Meere hat seinen Ursprung in Deutschland. Das Pacific Garbage Screening (PGS) des Teams um die Architektin Marcella Hansch sieht aus wie ein riesiger Kamm. Noch ist die Anlage in der Entwicklungsphase, doch die Idee ist vielversprechend. Das PGS ist eine riesige schwimmende Plattform, die durch ihre spezielle Bauweise Plastikmüll aus dem Meer filtern soll.
Plastik schwimmt nicht nur an der Meeresoberfläche. Die Strömungen und Umwälzungen in den Meeren ziehen die Kunststoffteile unter Wasser; ein Großteil treibt in den obersten 50 Metern. Ohne Strömungen würde Plastik aufgrund seiner geringeren Dichte an der Oberfläche schwimmen wie in einem Swimmingpool. Die PGS-Plattform soll architektonisch so konzipiert sein, dass sie die Strömungen beruhigen kann und das Plastik wieder an die Oberfläche treibt. 35 Meter lange Kiele sollen unter der Anlage eine Art Kanalsystem von etwa 400 Metern Länge bilden. „Das Wasser strömt durch das Kanalsystem, dabei werden die Bewegungen des Meeres punktuell beruhigt“, erklärt die Initiatorin des Projekts, Marcella Hansch. Das Plastik kann also durch seinen eigenen Auftrieb an die Oberfläche steigen und dort abgeschöpft werden. „Wir wissen aufgrund von ersten Berechnungen, dass dieses Prinzip funktioniert“, sagt Hansch. Das Projekt Pacific Garbage Screening war ihre Masterarbeit im Fach Architektur. Vor fünf Jahren entwarf sie die Anlage, inzwischen steht hinter dem Projekt ein 15-köpfiges Team von Ehrenamtlichen.
Die Umsetzung der Plattform wird wohl noch eine Weile dauern – noch ist das Projekt nicht finanziert. Der gemeinnützige Verein, der hinter dem PGS steht, hofft, über Forschungsgelder, Spenden und ein geplantes Crowdfunding weitere Forschung, erste Modellversuche und den Bau von Prototypen finanzieren zu können. „Wir würden erst einmal gerne kleinere Prototypen in Flussmündungen einsetzen“, erklärt Hansch. „So könnte der Müll schon aus dem Wasser geholt werden, bevor er ins Meer gelangt.“
Das Team hinter dem Pacific Garbage Screening sieht sein Projekt als „schwimmenden Symbolträger für das größte Umweltproblem unserer Zeit“. Die Hoffnung: Das Projekt könnte nicht nur eines Tages die Meere reinigen, sondern auch noch mehr Aufmerksamkeit für die Problematik schaffen.