Matthias Bresser und Felix Heinrich haben sich beim Studium in der Schweiz kennengelernt. Nach ein paar Jahren im Berufsleben haben sie sich gegen eine klassische Konzernkarriere entschieden und stattdessen das deutsche Konzept der „Backstube“ nach Norwegen gebracht.
Mitten in Oslo verkauft eine Bäckerei mit dem deutschen Namen „Backstube“ frische Backwaren, Brote und Brezeln an norwegische Kunden. Die Idee dafür kam recht intuitiv: „Wir mögen beide gute Backwaren und wir fanden schon immer, dass in Norwegen mittelmäßige Qualität zu einem völlig überhöhen Preis verkauft wird.“ Um in der norwegischen Bäckereibranche konkurrieren zu können, entwickelten die beiden ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell. Über mehrere Monate hinweg analysierten sie die Marktsituation: „Wir saßen in Bäckereien, probierten die Produkte der Konkurrenz, sprachen mit den Verkäufern und zählten Kunden. Zum Schluss haben wir alle Daten in einer Excel-Tabelle zusammengeführt“, erklärt Bresser.
Anders als in Deutschland sind klassische Bäckereien in Norwegen eher selten und Backwaren werden häufig in Cafés oder an Kiosken verkauft – eine offensichtliche Marktlücke für die beiden. Besonders wichtig war es für Bresser und Heinrich, gute Kooperationspartner für das von ihnen angestrebte Produktangebot zu finden. „Dafür sind wir viel in Deutschland, Frankreich und Belgien herumgereist, um die besten Bäckereien zu finden“, sagt Bresser. So werden in der Backstube beispielsweise nur handgemachte Sauerteigbrote aus hochwertigem Mehl und nur Croissants mit echter Butter gebacken. „Qualität musste an oberster Stelle sein, sonst kann man auch in Norwegen nicht weit kommen.“ Nach eingehender Kalkulation und der Auswahl passender Lieferanten eröffneten sie den ersten Konzeptshop im Juni 2016, zwei weitere Filialen folgten.
Seitdem verkauft die Backstube genau das, was den beiden in Norwegen gefehlt hat: Qualitativ hochwertige Produkte zu einem vernünftigen Preis in einer guten Lage. Viele Produkte sind etwa halb so teuer wie bei der Konkurrenz. Dies ist möglich, weil die Gründer auf Zwischenhändler verzichten, auf elektronische Systeme setzen und die Logistik outsourcen. Gleichzeitig sind sie sehr flexibel bei den Produktmengen: „Wir backen nur das nach, was wir auch verkaufen. Dadurch ist unsere Abschreibquote im Vergleich zur Konkurrenz extrem gering.“ Zudem hat die Backstube neben der Laufkundschaft einen festen Kundenstamm aus Unternehmen und Privatpersonen. Die meisten kaufen mehr als ein Produkt, volle Warenkörbe sorgen für ein Umsatzplus.
Das Konzept der Backstube unterscheidet sich nicht nur im Preis, sondern auch in der Präsentation der Produkte: „Die Waren werden vor Ort gebacken und kommen frisch aus dem Ofen. Das Kundenerlebnis ist also positiver als bei vielen Mitbewerbern“, meint Bresser. Die Gründer investieren daher auch kaum in klassische Marketingmaßnahmen: „Mund-zu-Mund-Propaganda ist für uns die beste Werbung. Viele Kunden sehen uns als Geheimtipp und erzählen Freunden und Bekannten davon“. Das Ergebnis sind etwa 70 000 Kunden pro Monat und ein ausgezeichnetes Ranking in sozialen Medien. Diese Zahlen sprechen für den Erfolg, und die Eröffnung weiterer Bäckereien ist lediglich eine Frage der Zeit.
Julia Pape