Wasserstoff in der Schifffahrt – Interview mit Kristian E. Vik

Wasserstoff ist in aller Munde, auch im Bereich der Schifffahrt. Kristian E. Vik, Generalsekretär des norwegischen Wasserstoffforums, gibt uns einen Einblick in die Wasserstoffentwicklung in der Schifffahrtsbranche in Norwegen.

Die erste Wasserstofffähre der Welt soll ab 2021 den Betrieb in Norwegen aufnehmen – könnten Sie die Entwicklung in diesem Bereich in den letzten Jahren beschreiben?

International hat Norwegen bereits zu einem frühen Zeitpunkt Wasserstofflösungen für Schiffe skizziert. Die ersten konkreten Versuche fanden bereits vor mehr als zehn Jahren statt, unter anderem mit dem kleinen Passagierschiff MF Vågen in Bergen, das eine Brennstoffzelle mit einem Metallhybridspeichersystem hatte. Eidesvik Offshore hat vor einigen Jahren auch eine besondere Art von Hochtemperatur-Brennstoffzelle getestet. Aus diesen Projekten konnten viele wegweisende Erfahrungen gewonnen werden, und mehrere sahen das Potenzial, Brennstoffzellen für verschiedene Schiffstypen einzusetzen.

Wirklich Bewegung kam 2016 in den Prozess, als sich die norwegische Verkehrsbehörde entschied, einen Entwicklungsvertrag für eine Wasserstofffähre auszuschreiben. Für uns in der Wasserstoffbranche war es eine wirklich positive Überraschung, dass der Prozess von der Ambition bis zum Ausschreibungsverfahren so schnell ging. Das hat das Interesse im Schifffahrtssektor wirklich angefacht. Norled, das Unternehmen, das das Projekt gewonnen hat, hat eine Vertragsform erhalten, die die Möglichkeit der Erprobung des Wasserstoffbetriebs parallel zum Einsatz einer Akkufähre bietet. So sind Vorhersehbarkeit und ein sicherer, stabiler Finanzierungsrahmen für das Unternehmen gewährleistet.

Wie groß ist das Potenzial für Wasserstoff in der Schifffahrt?

Global gesehen sehr groß, denn ein enormer Anteil der weltweiten Flotte kann Wasserstoff in verschiedenen Formen nutzen. Hier ist natürlich die Frage, welcher der verschiedenen Wasserstoffenergieträger am wichtigsten wird: flüssiger, komprimierter, in Ammoniak gebundener Wasserstoff, sogenanntes E-Methanol oder andere Kombinationen. Es wurden viele Konsortien und Gruppierungen gegründet, die an verschiedenen Lösungen und Konzepten arbeiten. Im Januar wurde beispielsweise bekannt, dass unter anderem Eidesvik und Equinor bei der Umstellung des Versorgungsschiffs Viking Energy auf Ammoniak kooperieren.

Könnten Sie etwas mehr zu in Ammoniak gebundenem Wasserstoff sagen?

Da Ammoniak aus drei Wasserstoffatomen und einem Stickstoffatom besteht, ist die Herstellung von Ammoniak prinzipiell einfach, weil der Stickstoff direkt aus der Luft gewonnen werden kann. Bei der Herstellung von Ammoniak gibt es demnach rohstoff-technisch keine Begrenzungen, deswegen ist das Potenzial sehr groß, nicht zuletzt für Schiffe, die für weite Strecken eingesetzt werden. Bei der Verbrennung von Ammoniak in einem herkömmlichen Verbrennungsmotor gibt es jedoch Probleme mit Emissionen. Für Viking Energy soll daher eine mit Ammoniak betriebene Brennstoffzelle entwickelt werden, die emissionsfrei ist, da sie in der Lage ist, den Wasserstoff direkt zu verwerten.

Wie wichtig ist die internationale Zusammenarbeit, um eine Lieferkette aufzubauen?

Wir benötigen internationale Technologieprozesse, die bei der Entwicklung des Wasserstoffmarkts zusammenarbeiten können. Bei der Entwicklung der Kerntechnologie von Brennstoffzellen ist eine internationale Zusammenarbeit eine entscheidende Voraussetzung. Deutschland ist bei Wasserstoffsystemen sowohl im Bereich der Mobilität als auch bei anderen Arten von Brennstoffzellen weit gekommen, und der Aufbau der Zulieferindustrie ist weit fortgeschritten. Deswegen wird der deutsche Markt künftig sehr wichtig sein.