Evolution statt Revolution in der Offshore-Branche

Der starke Ölpreisverfall im Jahr 2014 stellte die Offshore-Branche vor große Herausforderungen. Seitdem hat sich viel getan: Die Förderung von Öl und Gas ist längst nicht mehr das einzige Standbein der norwegischen Wirtschaft. Dr. Gisle Nondal, R&D Manager beim Cluster GCE Ocean Technology, spricht über die Entwicklungen der norwegischen Offshore-Branche sowie über Kooperationsmöglichkeiten mit deutschen Akteuren.

Wie hat sich die Offshore-Zulieferindustrie in Norwegen seit dem Ölpreisverfall entwickelt?

Die norwegische Öl- und Gaszulieferindustrie ist möglicherweise der am weitesten entwickelte Bereich, den wir haben. Die Branche war 2014 von sinkenden Ölpreisen betroffen, was zu einer dramatisch geringeren Nachfrage führte. Die Zulieferindustrie hat jedoch seitdem gezeigt, dass sie innovativ und anpassungsfähig ist, und neue Möglichkeiten sieht. Um dem Bedarf an erheblichen Umstrukturierungen gerecht zu werden, haben wir seit dem Erhalt des GCE-Status im Jahr 2016 an einem branchenübergreifenden Technologietransfer gearbeitet. Dies ist einer der Kernbereiche unserer Strategie.

„Norwegen kann bei der grünen Wende wegweisend sein, indem ein minimaler CO2-Fußabdruck bei der Produktion von Öl und Gas Öl angestrebt sowie neue Technologien im Bereich erneuerbarer Offshore-Energie entwickelt werden.“

Dr. Gisle Nondal

Inzwischen zeigen sich auch ganz konkrete Ergebnisse: Immer mehr unserer Cluster-Unternehmen haben sich in den Bereichen Offshore-Windindustrie, Aquakultur und Meeresbodenbergbau neue Märkte erschlossen.

Gute Beispiele, an denen das Cluster beteiligt war, sind auf www.techtransfer.no zu finden.

Bei der Öl- und Gasförderung ist Norwegen Technologieführer. Welches Potenzial steckt noch in der Branche?

Im Vergleich zu anderen Ländern werden norwegisches Erdöl und Gas mit einem geringen CO2-Fußabdruck produziert.

Im Bereich Offshore-Installationen gibt es bereits Projekte, die mit Landstrom, perspektivisch aber auch mit schwimmenden Windkraftanlagen und Wasserstoff betrieben werden. Technologie aus der Öl- und Gasindustrie wird jetzt auch in anderen als den ursprünglich vorgesehenen Märkten eingesetzt: Bohrinseln werden nun zum Bau von Fischzuchtanlagen und schwimmenden Offshore-Windkraftanlagen eingesetzt. Fernesteuerte und autonome Unterwasserdrohnen lokalisieren Mineralien auf dem Meeresboden, untersuchen Netzgehege für Zuchtfische sowie Verankerungen für Windkraftanlagen. Unterwassersensoren und -kameras helfen Fischzüchtern, Lachsläuse und die Wasserqualität zu kontrollieren. Bestehende und neue Technologien zur Gewinnung von Öl und Gas tragen daher dazu bei, neue Potenziale in der erneuerbaren Technologie zu erschließen, und die Entwicklung schneller voranzutreiben.

Die Umweltwende geschieht nicht über Nacht, sie gleicht eher einer Evolution als einer Revolution. Ich bin der Meinung, dass Norwegen bei der grünen Wende wegweisend sein kann, indem ein minimaler CO2-Fußabdruck bei der Produktion von Öl und Gas angestrebt und gleichzeitig neue Technologien im Bereich erneuerbarer Offshore-Energie entwickelt werden.

Die Erzeugung erneuerbarer Energie im Meer ist ein wichtiges Zukunftsthema. Wie arbeitet das Cluster, um auch beim der Offshore-Windenergie treibende Kraft zu sein?

Im Bereich der Offshore-Windenergie sind führende Vertreter aus Universitäten, unabhängigen Forschungsinstitutionen sowie der Industrie vertreten. Die Rolle des Clusters besteht darin, Zusammenarbeit, Innovation und Wissenszuwachs zu fördern.

Wir setzen uns aktiv dafür ein, großen landesweiten und internationalen Forschungs- und Entwicklungsinitiativen den Weg zu ebnen, hierbei kommt dem BlueTech Cluster Alliance eine Schlüsselrolle zu. Das Bündnis, das ab 2020 vom GCE Ocean Technology geleitet wird, besteht aus führenden internationalen Clustern, für die Offshore-Windenergie ein wichtiger Fokus ist.

Inwieweit sehen Sie Deutschland als Partner bei Ihrer Arbeit? Gibt es bereits Kooperationen?

Deutschland ist ein wichtiges Kooperationsland für das Cluster. Insbesondere im Bereich Industrie 4.0 und Digitalisierung sowie bei Technologien, die für die Umstellung und höhere Wettbewerbsfähigkeit sehr wichtig sind, ist Deutschland führend. Darüber hinaus gibt es führende Unternehmen im Bereich der Offshore-Windenergie in Deutschland.

Das Cluster hat kürzlich eine Absichtserklärung mit dem Subsea Monitoring Network in Rostock unterzeichnet, um die Zusammenarbeit mit Deutschland zu verstärken, und Möglichkeiten für mehr Forschung und Entwicklung sowie eine wirtschaftlich orientierte Kooperation zwischen den Ländern in Fragen, die auch Offshore-Windenergie einschließen, zu eröffnen. Um diese Zusammenarbeit stärker zu konkretisieren, werden wir uns im März 2020 auf der Oceanology International treffen.

GCE Ocean Technology ist im Herbst mit einem Gemeinschaftsstand auf der ONS vertreten. Was werden die Schlüsselthemen der Messe 2020 sein?

Der Schwerpunkt liegt für uns darauf, die Aktivitäten unserer Partner- und Mitgliedsunternehmen sowie die Möglichkeiten im Cluster sichtbar zu machen. Wir werden mit drei Clusterunternehmen – Dimeq, Sharecat Solutions und Sotra Contracting – vertreten sein: Der Stand entsteht mit unserem Cluster-Partner Coast Center Base (CCB), und wird eine wichtige Rolle dabei spielen, die Zusammenarbeit im Cluster weiter zu verstärken.

Wir werden auch mit Innovation Norway, NORWEP und anderen Clustern sowie Unternehmen zusammenarbeiten, damit unsere Unternehmen von der ONS optimal profitieren können.