Die deutschen Energiepreisbremsen richten sich an die Endverbraucher. Bild: ako photography/AdobeStock
Am 1. März ist es so weit: Deutschland führt seine angekündigten Energiepreisbremsen ein, um kurzfristig Endverbraucher, Unternehmen und die Industrie finanziell zu entlasten. Doch wie funktionieren diese Maßnahmen? Hier das Wichtigste in Kürze.
Deutschland ist aktuell Norwegens Exportland Nr. 1, vor allem aufgrund der großen Menge an Gaslieferungen. Mittlerweile importiert Deutschland 49 Prozent seines Erdgases aus Norwegen. Dennoch kann Norwegen die Liefermengen nicht beliebig hochfahren, um so viel zu liefern wie zuletzt Russland. Daher gilt seit Juni 2022 in Deutschland die Alarmstufe des Notfallplans Gas, der im Zuge des Ukrainekonfliktes auf mögliche Liefereinschränkungen oder -ausfälle der Gasversorgung vorbereiten soll.
Eine schwierige Ausgangslage
Aktuell bewertet die Bundesnetzagentur die Gasversorgung in Deutschland zwar als stabil, die Vorbereitung auf den Winter 2023/2024 bleiben aber eine zentrale Herausforderung. Laut Bundesnetzagentur muss der Gasverbrauch in Deutschland dauerhaft um mehr als 20 Prozent gesenkt werden, um eine langfristige Stabilität zu erreichen. Ende Januar lag der temperaturbereinigte Verbrauch jedoch nur 8,2 Prozent unter dem Referenzwert der Jahre 2018 bis 2021 und damit im kritischen Bereich. Gleichzeitig bedrohen die Gasknappheit und die damit verbundenen Preisanstiege die deutsche Wirtschaft – dies war vor allem im vergangenen Herbst spürbar. Der durchschnittliche Gaspreis 2021 lag bei einem Verbrauch von 20.000 kWh/Jahr bei 5,65 ct, während er 2022 schon bei 16,03 ct lag. Die Ausgangslage war damit schwierig: Ein Mittel muss her, das die Endverbraucher beim Gaskauf zwar unterstützt, sie aber trotzdem zum Sparen animiert.
Vor ähnlichen Herausforderungen stand die Bundesregierung in Sachen Strom. Der durchschnittliche Strompreis stieg bei einem Verbrauch von 4.000 kWh/ Jahr von 30,73 ct in 2021 auf 39,73 ct in 2022 und die Preise steigen weiter. Der Grund sind Verknappungen. Das heißt, auch hier musste eine Mischung aus Unterstützung und Anreiz zum Sparen her.
Die Gaspreisbremse – das deutsche Modell

Aus diesen Gründen hat die Bundesregierung nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz, welches im Dezember 2022 die Erstattung der Abschlagszahlung für Erdgas- und Wärmekunden mit einem Jahresverbrauch bis 1,5 Mio. kWh vorsah, für einen Zeitraum vom 1. März 2023 bis 30. April 2024 die Energiepreisbremsen eingeführt. Rückwirkend werden die Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 angerechnet.
„Die Preisbremsen richten sich in Deutschland potenziell an eine sechsstellige Zahl an Unternehmen. 50 Prozent des deutschen Gases werden von Industrie und Gewerbe verbraucht, Kraftwerke nicht eingerechnet“, sagt Michael Kern, Geschäftsführer der AHK Norwegen. Häufig seien die Unternehmen auch direkte Kunden der leitungsgebundenen Wärmeversorgung. „Die hohen Gas- und Wärmepreisen haben einen massiven Einfluss auf die deutsche Wirtschaft. Die Energiepreisbremsen sind daher ein wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, betont Kern.
Für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen mit einem Gasverbrauch unter 1,5 Mio. kWh im Jahr, sowie Pflegeeinrichtungen, Forschungs- und Bildungseinrichtungeneine wird der Gaspreis bei 12 Cent pro kWh für 80 Prozent des Jahresverbrauchs des Vorjahrs gedeckelt. Für den restlichen Verbrauch gilt weiter der normale Marktpreis.
Preisbremse auch für Strom
Der Strompreis wird für private Verbraucher und kleine Unternehmen mit einem Stromverbrauch von bis zu 30 000 kWh pro Jahr bei 40 ct/kWh brutto, also inklusive aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 80 Prozent des prognostizierten Verbrauchs. Für Industriekunden liegt die Grenze bei 13 Cent zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen für 70 Prozent des prognostizierten Verbrauchs. Für private Fernwärmekunden soll, analog zum Gaspreis, ein garantierter Brutto-Arbeitspreis von 9,5 ct/ kWh für Fernwärme eingeführt werden – begrenzt auf ein Kontingent von 80 Prozent des Verbrauchs, der der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde liegt.
Für jede Kilowattstunde Gas oder Wärme über den geförderten Anteil hinaus muss der hohe Preis aus dem Versorgungsvertrag gezahlt werden. Zusätzlich zahlt sich ein geringer Verbrauch in der Jahresendabrechnung aus: In Deutschland werden Strom und Gas i.d.R. durch monatliche Abschlagszahlungen bezahlt, die sich nach dem Verbrauch aus dem Vorjahr richten. Wird weniger verbraucht, erhalten die Verbraucher mit der Endabrechnung Geld zurück, zum hohen vertraglichen Preis. Sparen soll sich hier sich hier also doppelt lohnen.
Billigere Energie für etwa 25 000 Unternehmen und 1 900 Krankenhäuser
Auch für die Industrie sollen die Strom- und Gaspreise begrenzt und damit für viele substanziell gesenkt werden. Grundsätzlich gilt, dass Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als 30 000 kWh im Jahr einen Garantiepreis von 13 ct/kWh (netto) für 70 Prozent ihrer bisherigen Verbrauchsmenge erhalten, bezogen auf den Verbrauch im Jahr 2021.
Unternehmen mit einem Gasverbrauch von mehr als 1,5 Mio. kWh im Jahr erhalten einen Garantiepreis von 7 ct/kWh (netto) für 70 Prozent ihrer bisherigen Verbrauchsmenge, bezogen auf den Verbrauch im Jahr 2021. Bundesweit greift die industrielle Gas- und Wärmepreisbremse für etwa 25 000 Unternehmen sowie 1 900 zugelassene Krankenhäuser.
Für Fernwärme gilt ein Brutto-Arbeitspreis von 7,5 ct/ kWh – begrenzt auf ein Kontingent von 70 Prozent des Jahresverbrauchs 2021. Für die Summen aller staatlich gewährten Entlastungen greifen verschiedene absolute Höchstgrenzen, die mit zusätzlichen Zugangsvoraussetzungen verknüpft sind und für das jeweilige Unternehmen geprüft werden müssen.
Der Gaspreisdeckel der EU
Zusätzlich zu den Energiepreisbremsen, die Deutschland einführt, gilt EU-weit seit dem 15. Februar der Gaspreisdeckel. Dieser soll verhindern, dass Großhandelspreise für Gas in der EU über längere Zeit deutlich über den Weltmarktpreisen liegen. Konkret ist ein Gashandel jetzt verboten, wenn der Preis drei Arbeitstage lang 180 Euro pro Megawattstunde übersteigt und gleichzeitig 35 Euro über einem internationalen Durchschnittspreis für flüssiges Erdgas (LNG) liegt. Da die die europäischen Gaspreise gerade markant unter 180 Euro liegen, ist der Preisdeckel zurzeit allerdings nicht aktiv. Im Unterschied zu den deutschen Preisbremsen geht es beim EU-Preisdeckel nicht um die direkte finanzielle Stütze von Endverbrauchern, sondern um eine Hochpreis-Limite für Energiehändler.
Quellen:
BMWK
Verivox (1)
Verivox (2)