Norwegen stärkt Export – auch nach Deutschland

Ein Bericht zur norwegischen Exportwirtschaft förderte im vergangenen Jahr alarmierende Zahlen zu Tage. Jetzt organisiert sich Norwegen in der Exportförderung neu, um norwegische Unternehmen auf internationalen Märkten zu stärken. Der Wirtschaftsstandort Deutschland bietet dabei ein großes Wachstumspotenzial in vielen Zukunftsbranchen sowie eine gut etablierte Exportinfrastruktur.

Norwegens schwache Exportentwicklung

Ein Bericht aus dem Jahr 2020 bildet den Status quo der norwegischen Exportwirtschaft ab. In den letzten 20 Jahren hat Norwegen den größten Marktanteil gemessen am Exportvolumen in der OECD-Region verloren. Das Handelsbilanzdefizit (ohne Öl- und Gasexporte) hat sich von 2011 bis 2019 auf 400 Milliarden NOK verdoppelt. Die unsicheren Aussichten für den internationalen Handel infolge der Corona-Krise sowie fallende Ölpreise verschärfen die Situation für die norwegische Exportindustrie. Flexiblere Rahmenbedingungen für den Eintritt in internationale Märkte bieten aber auch Chancen – und können für die Bewältigung der Krise und die Neuausrichtung der norwegischen Exportwirtschaft strategisch wichtig sein.

Norwegen ist in Zukunft auf eine starke und vor allem diversifizierte Exportwirtschaft angewiesen. In wenigen Jahren werden die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft sinken. Auch wenn der Exportanteil der Festlandwirtschaft in den letzten Jahren gewachsen ist, kann sie diese nicht kompensieren. Bis 2040 müssen die Festlandexporte jährlich um fast 800 Milliarden NOK steigen – aber wie?

„Wir sehen ein steigendes Interesse am deutschen Markt, was sicherlich auch auf die langjährige Deutschlandstrategie der norwegischen Regierung und die Schlüsselrolle im Verhältnis zur EU zurückzuführen ist.”

Michael Kern, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, AHK Norwegen

Neben politischen Instrumenten zur Exportförderung, Investitionen in zukunftsorientierte Branchen mit Exportpotenzialen und den Aufbau neuer starker Wertschöpfungsketten braucht es eine Kultur für Kommerzialisierung, Skalierung und Internationalisierung. Im Oktober hat die Regierung einen ganzheitlichen Exporthandelsplan vorgestellt.

Deutschland als attraktiver Exportmarkt

Norwegen wird nicht nur neue Märkte erschließen, sondern seine Aktivitäten auf erfolgsversprechenden Auslandsmärkten weiter ausbauen. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner und der zweitgrößte Exportmarkt Norwegens nach Großbritannien. Faktoren wie geographische Nähe, Marktgröße und stabile wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen machen Deutschland zu einem attraktiven Exportmarkt.

Infolge SSB wurden im Jahr 2019 Waren und Dienstleistungen im Wert von 132,4 Milliarden Kronen nach Deutschland exportiert – dies entspricht 14,5 Prozent des norwegischen Gesamtexports. Der Anteil der Festlandwirtschaft an diesen Exporten ist in den vergangenen Jahren jedoch zurückgegangen. Norwegens Anteil am deutschen Import lag im Jahr 2018 bei 1,3 Prozent.

„Wir sehen ein steigendes Interesse am deutschen Markt, was sicherlich auch auf die langjährige Deutschlandstrategie der norwegischen Regierung und die Schlüsselrolle im Verhältnis zur EU zurückzuführen ist”, sagt Michael Kern, Geschäftsführer der AHK Norwegen. „Es gibt viel Potential für die norwegische Industrie, sich an Wertschöpfungsketten und wissenschaftlich-technischen Kooperationen zu beteiligen und in den Wirtschaftsstandort Deutschland zu investieren.“

Die norwegischen Direktinvestitionen in Deutschland haben sich seit 2014 von 13,5 auf 27,0 Milliarden NOK verdoppelt. 2018 waren 190 norwegische Tochtergesellschaften mit einem Gesamtumsatz von 66 Milliarden NOK in Deutschland registriert.

Deutsch-Norwegische Zusammenarbeit stärkt Export

Heute dominieren vier Branchen den norwegischen Export: Öl und Gas, maritime- und Offshore-Zulieferindustrie, Prozessindustrie und Meeresfrüchte stehen für 79 Prozent, während andere Branchen einen Exportanteil von weniger als 21 Prozent haben und vorwiegend von der Nachfrage im Binnenmarkt leben. Bei der Entwicklung neuer Exportindustrien wird Norwegen zukünftig neben IT, E-Health und Konsumgütern auf nachhaltige Lösungen in den Bereichen erneuerbare Energien, Offshore-Wind, grüne Schifffahrt, Meerestechnologien, Wasserstoff und CCS setzen.

„Es gibt viel Potential für die norwegische Industrie, sich an Wertschöpfungsketten und wissenschaftlich-technischen Kooperationen zu beteiligen und in den Wirtschaftsstandort Deutschland zu investieren.“

Michael Kern, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, AHK Norwegen

Als größte bilaterale Handelskammer in Norwegen hat die AHK Norwegen Arbeitsgruppen für Meerestechnologie, CCS sowie Forschung & Entwicklung etabliert, um die länderübergreifende Zusammenarbeit zu stärken und Geschäftschancen für deutsche und norwegische Branchenakteure zu verbessern. Außerdem organisiert die sie regelmäßig Konferenzen wie den German-Norwegian Energy Dialogue, Matchmakings, Startup-Tours sowie Briefings zu Marktchancen in Deutschland. 2020 konnten sich norwegische Akteure zu Geschäftsmöglichkeiten bei der Energiewende, E-Health, EdTech und Industrie 4.0 informieren und austauschen.

Im Rahmen von Team Norway in Germany unter Leitung der norwegischen Botschaft in Berlin steht die AHK Norwegen im engen Austausch mit öffentlichen und privaten Organisationen, die sich durch koordinierte Aktivitäten für die Steigerung der Wertschöpfung der norwegischen Wirtschaft einsetzen.

„Unsere 30 Mitarbeiter haben in beiden Ländern gelebt und gearbeitet. Mit unserer Spezialkompetenz und etablierten Kontakten zu deutschen IHKs, Behörden, Verbänden sowie Germany Trade & Invest möchten wir einen Beitrag zur Exportförderung leisten und Unternehmen beim Auf- und Ausbau ihrer Geschäftsaktivitäten in Deutschland begleiten – ob mit einer Einstiegsberatung, Marktanalyse, Messeteilnahme oder Geschäftspartnervermittlung“, erklärt Kern.

Norwegischer Exporterfolg in Deutschland

Die Handelskammer erhält jede Woche Anfragen norwegischer Unternehmen, die nach Deutschland exportieren oder sich dort etablieren möchten. Airthings, ein Produzent von Radon- und Raumluftqualitätsmonitoren, setzt verstärkt auf den deutschen Markt:

“Wir haben uns auf dem deutschen Verbrauchermarkt gut etabliert und möchten nun auch den B2B-Markt und den öffentlichen Sektor ansprechen”, so Tore Rismyhr, Sales Manager Public Sector Europe von Airthings.

“Airthings for Business” bietet Unternehmen, Schulen, Krankenhäusern oder Kindergärten Informationen zum Raumklima wie CO2, Temperatur, Feuchtigkeit, Radon oder Luftdruck. Die Daten der drahtlosen IoT-Sensoren werden auf einem Dashboard gesammelt und können mit Drittanbieterlösungen wie Heizungs- und Lüftungsanlagen gekoppelt werden. Durch die Überwachung der Raumluftqualität und entsprechende Maßnahmen werden das Wohlbefinden der Gebäudenutzer erhöht, Arbeitsbedingungen verbessert und der Energieverbrauch optimiert.

“Deutschland ist ein großer und attraktiver Markt. Deshalb ist es beruhigend, einen Partner wie die AHK Norwegen an unserer Seite zu wissen. Das Team hilft uns mit Marktkenntnissen und einem Kontaktnetzwerk, das wir selbst nur mit sehr viel Zeit und Energie aufbauen könnten”, meint Rismyhr. “Die deutschen Behörden haben zudem attraktive Förderprogramme, von denen wir als neuer Marktteilnehmer profitieren können. Hier ist es wichtig, die Spielregeln zu kennen.”

„Airthings ist ein ausgezeichnetes Beispiel für ein erfolgreiches norwegisches Exportunternehmen. Viele Unternehmen mit Ambitionen auf dem deutschen Markt entscheiden sich für eine AHK-Mitgliedschaft, um langfristig von Informationen zur bilateralen Wirtschaft, Sichtbarkeit im Exportmarkt sowie der Kompetenz und den Erfahrungen in unserem bilateralen Netzwerk zu profitieren“, so Kern.