DiGA – App auf Rezept

Das DiGA-Verzeichnis listet eine Reihe von digitalen Gesundheitsanwendungen, die Patienten von Ärzten und anderen Leistungserbringern verordnet werden können. Die Kosten hierfür werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Die Apps sollen die Behandlung und Überwachung bei verschiedenen Krankheiten und Beschwerden unterstützen und Patienten und Leistungserbringern auf diese Weise den Alltag erleichtern.

„Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) bedeuten vor allem eine Erweiterung und verbesserte Verfügbarkeit von Therapieoptionen“, erklärt Philipp Kircher, Director Data Protection & Medical Law bei Health Innovation Hub. Die im DiGA-Verzeichnis gelisteten neuen Anwendungen sind nicht mit den zahlreichen „Gesundheits-Apps“ zu verwechseln, die bereits kostenlos auf dem Markt sind, und Aktivität, Ernährung, Schlaf oder Ähnliches nachverfolgen. Die DiGA sind nicht als Massenware zur allgemeinen Nutzung gedacht, sondern wurden speziell für die Begleitung bestimmter Erkrankungen oder Beschwerden entwickelt. Darüber hinaus sollen sie in bestimmten Fällen die Therapie unterstützen und auf diese Weise das Verhältnis der Patienten zu ihrer Erkrankung direkt beeinflussen.

Die Apps können die Patienten darin unterstützen, ihre Krankheit besser zu verstehen, sie können zu einer besseren Körperwahrnehmung beitragen oder ganz konkret im Alltag helfen – etwa bei der Einnahme der richtigen Medikamente. Im Idealfall beeinflussen sie Krankheitsverläufe günstig und beugen längeren Krankenhausaufenthalten vor. „Anders als andere medizinische Hilfsmittel können DiGA mit den Patienten interagieren und kommunizieren“, erklärt Kircher. „Gesundheit kann mobil und jederzeit in der längst digitalisierten Erlebenswelt der Patienten stattfinden. Dadurch können etwa Versorgungslücken geschlossen, Therapietreue gesteigert und die Patientensouveränität gestärkt werden.

Fast-Track-Verfahren

Um sich als DiGA zu qualifizieren, müssen die Apps bestimmte Anforderungen erfüllen. So muss die Hauptfunktion auf digitalen Technologien aufbauen, und das medizinische Ziel muss wesentlich durch die Hauptfunktion und somit durch die digitalen Technologien erreicht werden. Die Anwendung muss außerdem die Erkennung, Überwachung und Behandlung von Krankheiten oder Behinderungen unterstützen. Darüber hinaus muss die DiGA von Patient und Leistungserbringer gemeinsam genutzt werden.

Um das neue System optimal zu fördern, wurde ein sogenanntes Fast-Track-Verfahren zur beschleunigten Zulassung von Anwendungen eingeführt: Die Bewertungszeit für eine Anwendung beträgt höchstens drei Monate, sofern alle Unterlagen vollständig vorliegen und sämtliche Anforderungen erfüllt sind.

„Der strukturierte Zugangsweg über den sogenannten „Fast-Track“ erlaubt es, erstmals einheitliche Anforderungen an DiGA auch in Bereichen wie Datenschutz, Interoperabilität und Verbraucherschutz zu stellen und zugelassene DiGA mit frei zugänglichen, transparenten Informationen zu vergleichen.“, erklärt Kircher.

Durch den Zuschnitt der Apps auf bestimmte Erkrankungen und Beschwerden gestaltete sich die Finanzierung bisher schwierig. Mit dem neuen Verzeichnis und der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen wurde dieses Hindernis ausgeräumt. Solange der Arzt eine Anwendung bei einer bestimmten Behandlung für sinnvoll hält, fallen für den Patienten keine Zuzahlungen an. „Die neue Vergütungsmöglichkeit für DiGA ermöglicht es allen gesetzlich Versicherten in Deutschland, gleichberechtigt Zugang zu diesen neuen Leistungen zu bekommen. Bisher war das von Krankenkasse zu Krankenkasse unterschiedlich.“, erläutert Kircher.

Diagnostik und Dialog

Das DiGA-Verzeichnis wurde im Oktober 2020 veröffentlicht und befindet sich noch im Aufbau. Bisher ist die Zahl der zugelassenen und allgemein zugänglichen Apps noch recht überschaubar. Bereits jetzt lässt sich aber beobachten, wie die digitalen Anwendungen Therapien unterstützen können. „Einige hundert DiGA wurden bereits verschrieben. Im Großen und Ganzen scheint das gut zu funktionieren“, berichtet Kircher. „Es gibt aber auch noch hin und wieder Probleme. Wir hoffen aber, dass sich das nach einer Eingewöhnungsphase schnell einspielt. Für ein echtes Fazit, inwieweit das System funktioniert, ist es aber noch zu früh.“

Unter den zugelassenen Apps sind unter anderen eine Diagnostik-App, eine Anwendung zur Behandlung von Tinnitus sowie ein Programm zur Unterstützung bei Angststörungen und Panikattacken.

Die Diagnostik-App Ada identifiziert und klärt Symptome ab: Sie analysiert verschiedene Krankheitszeichen und bietet davon ausgehend genaue Beurteilungen. Patienten können aktuelle Symptome in die App eingeben und eine Reihe von Fragen beantworten. Anhand Tausender verfügbarer Symptome und möglicher Ursachen für die Beschwerden werden im Anschluss passende Informationen bereitgestellt. Das Ergebnis der Symptomanalyse kann an den Arzt oder Leistungserbringer weitergegeben werden.

Die Anwendung Kalmeda bietet eine wissenschaftlich fundierte, individuelle Tinnitustherapie. Die App enthält ein Übungsprogramm, das die Nutzer darin unterstützt, den Tinnitus in den Griff zu bekommen und wieder zur Ruhe zu finden. Die Anwendung kombiniert kognitive Verhaltenstherapie mit der Vermittlung medizinischer Kenntnisse, akustischen Hilfen und Entspannungsübungen.

Das Programm Velibra richtet sich an Menschen, die unter Angst- oder Panikattacken leiden. Die App basiert auf kognitiver Verhaltenstherapie – und ist als Ergänzung zu der sonst üblichen Behandlung gedacht. Die Hauptfunktion des Programmes besteht in einem Dialog: Velibra besteht aus kurzen Fragen und Rückmeldungen. Die Nutzerinnen und Nutzer können aus den Antwortmöglichkeiten diejenige auswählen, die am besten passt. Anschließend analysiert Velibra die Antworten und geht hierauf ein. Auf diese Weise entsteht ein dynamischer Dialog, an dem der Patient aktiv beteiligt ist.