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Die Norwegische Krone befindet sich in einem Tief. Gegenüber dem Euro hatte sie zwischen April 2022 und April 2023 über 20 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Ende Mai 2023 erreichte sie dann mit zwölf Kronen für einen Euro einen Tiefpunkt und blieb anschließend auf niedrigem Niveau. In den vergangenen Tagen erstarkte die Währung dann wieder etwas. Während diese Zeilen entstehen, steht sie aber weiterhin unter einem Wert von eins zu elf gegenüber dem Euro.
Doch was sind die Gründe für den Fall der Norwegischen Krone? Darüber zerbrachen sich norwegische Ökonom*innen in den vergangenen Monaten die Köpfe. Fest steht, den einen Auslöser für das Tief gibt es nicht. Vielmehr ist es eine komplexe Verkettung mehrerer Ursachen. In Norwegen vergeht jedenfalls kaum ein Tag, an dem in den Medien nicht wieder eine neue Theorie zum Kronenfall auftaucht. Hier einige der am häufigsten genannten Gründe:
Inflation und Zinsen
Wie vielen anderen westlichen Ländern macht die aktuelle Inflation auch Norwegen zu schaffen. Generell wirkt eine Inflation schwächend auf eine Währung. Unter anderem ist die Norwegische Krone in den vergangenen Tagen deshalb wieder etwas erstarkt, weil die Norwegische Zentralbank zur Inflationsbremsung den Leitzins um 0,5 Prozent auf nun 3,75 Prozent erhöht hat.
Dazu kommt, dass diese Woche bekannt wurde, dass die Kerninflation in Norwegen im Juni 2023 mit 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat ein historisches Hoch erreicht hat und höher ausgefallen ist, als die Norwegische Zentralbank vermutet hatte. Deshalb gehen Investoren von weiteren Leitzinserhöhungen nach dem Sommer aus. Diese Annahme führt tendenziell zu vermehrten Investitionen in die Krone und somit zu deren Erstarkung. Denn Leitzinserhöhungen bremsen nicht nur die Inflation weiter ab, Anleger erzielen in der Regel auch eine bessere Rendite, wenn sie Währungen in Ländern mit hohen Zinssätzen besitzen als in Ländern mit niedrigen. Über längere Zeit hatte Norwegen höhere Zinsen als die Euro-Länder. Mit der Inflation änderte sich dies, als die Europäische Zentralbank die Leitzinsen in hohem Tempo anhob – derzeit steht er im Euroraum bei 4 Prozent. Folglich wurden Anlagen in Norwegischen Kronen für Anleger in den vergangenen Monaten weniger attraktiv, was laut Experten zur Abschwächung der Währung geführt hat. Dies erklärt auch die Schwäche der Krone gegenüber dem Euro, obwohl im Euroraum ebenfalls Inflation herrscht.
Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt
Die Preise für Öl und Gas sind in diesem Jahr gesunken – mit Folgen für die Norwegische Krone. Die Währung sinkt und steigt zwar nicht mehr im gleichen Maße mit dem Ölpreis wie früher, jedoch haben Veränderungen auf dem fossilen Markt nach wie vor Auswirkungen; der Öl- und Gassektor ist nach wie vor der wichtigste des Landes, 2022 machte er 75 Prozent des gesamten norwegischen Exportmarktes aus. Der Niedergang der Preise hat, so die Schlussfolgerung, hat zur Schwächung der Landeswährung beigetragen.
Politik
Norwegens Steuerpolitik hat in den vergangenen Monaten dazu geführt, dass eine Anzahl reiche Leute das Land verlassen hat. Medien im In- und Ausland haben prominent darüber berichtet. Einige Expert*innen gehen davon aus, dass dies Investoren abgeschreckt hat. Hinzu kommt, dass das Land seine Fischzucht mit einer Steuerhöhung von 25 Prozent belegt hat und das relativ plötzlich und rückwirkend. Auch das hat in Investorenkreisen Unsicherheit geschaffen und Norwegens guten Ruf der politischen und wirtschaftlichen Stabilität angekratzt. Grundsätzlich und isoliert betrachtet gilt: Weniger Investitionen in ein Land gleich Schwächung der Währung.
Der Ölfonds kann nicht helfen
Norwegens bekannter Staatlicher Pensionsfonds Ausland, oft einfach „Ölfonds“ genannt, beinhaltet gewaltige Reserven an Fremdwährungen. Diese könnte Norwegen theoretisch nutzen, um eigene Kronen zu kaufen und die Währung dadurch zu stärken. Allerdings darf der Ölfonds keine Investitionen in Norwegen tätigen, das ist politisch und gesetzlich festgelegt. Norwegen kann sich hier also nicht mit seinem Fonds retten.
Wie geht es weiter?
Eine Prognose ist schwierig, die Norwegische Krone steht laut Experten unter den aktuellen Inflationszahlen weiterhin unter Druck. Zusätzliche Zinserhöhungen durch die Zentralbank sind deshalb wahrscheinlich. Für die Konsument*innen im Land, die neben höheren Zinsen auf ihre Hypotheken und Darlehen inflationsbedingt auch höhere Lebensmittelpreise stemmen müssen, ist die aktuelle Situation von Nachteil. Ebenfalls für Unternehmen, die auf Importe angewiesen sind. Umgekehrt profitieren Exporteure, und gerade jetzt in den Sommerferien, auch der Tourismus.
Quellen:
Businessportal Norwegen:
https://businessportal-norwegen.com/2023/04/12/norwegische-krone-wird-immer-schwaecher/
Dagens Næringsliv:
https://www.dn.no/makrookonomi/kronekursen/valuta/lefteris-farmakis/london-analytiker-mener-a-ha-knekt-kronenotten-forklaringen-er-ganske-enkel/2-1-1478345
https://www.dn.no/samfunn/inflasjon/rente/kronekursen/den-gjenstridige-prisveksten/2-1-1483745
E24:
https://e24.no/norsk-oekonomi/i/O815vV/kronen-styrker-seg-etter-sterk-prisvekst
Nettavisen:
https://www.nettavisen.no/norsk-debatt/norge-har-mer-enn-nok-muskler-til-a-ta-kontroll-over-kronen/o/5-95-1140172
SSB:
https://www.ssb.no/priser-og-prisindekser/konsumpriser/statistikk/konsumprisindeksen